TU intern - April 2001 - Forschung
Gelbe Tonne
Duales System bekommt Konkurrenz
Einen Wettbewerb um die Gelbe Tonne für gebrauchte Verpackungen?
Die meisten Verbraucher werden sich das kaum vorstellen können.
Auch in der Politik gibt es kein tragfähiges Konzept, wie
sich der Wettbewerb um die Rücknahme und Verwertung von Verpackungen
gestalten lässt - und dies, obwohl die Bürger seit nunmehr
zehn Jahren ihren Verpackungsmüll sammeln und sortieren.
Bisher einziger Anbieter ist die Duales System Deutschland (DSD) AG,
deren Leistungen die Haushalte jährlich vier Milliarden DM
kosten. Eine Arbeitsgruppe am Fachgebiet Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik
der TU Berlin unter der Leitung von Prof. Dr. Hans-Jürgen
Ewers hat nun herausgefunden, dass auch im Bereich der Dualen
Abfallentsorgung ein Wettbewerb möglich ist. Prof. Ewers,
der bis Ende vergangenen Jahres Mitglied im Sachverständigenrat
für Umweltfragen war, stellt die Ergebnisse im Februar 2001
auf dem Würzburger Verpackungsforum vor.
Das Team untersuchte im Rahmen einer Studie, welchen Spielraum
die Verpackungsverordnung lässt, um mehr als einen Dualen
Systembetreiber an den Markt zu bringen. Kurzfristig läuft
der Wettbewerb aufgrund des engen Korsetts, das die Verordnung
schnürt, nur auf eine gemeinsame Nutzung der vorhandenen
Behälter durch mehrere Duale Systembetreiber hinaus.
In wenigen Jahren könnte sich aber eine Situation entwickeln,
in der die Betreiber um die Entsorgung jedes einzelnen Grundstückes
konkurrieren. Allerdings, so die Ergebnisse der Studie, funktioniert
dieser Wettbewerb nur in größeren Städten ab 250000
Einwohnern. In kleineren Städten droht ein aggressiver Verdrängungswettbewerb,
so dass es zunächst besser ist, das gesamte Stadtgebiet unter
den Entsorgern aufzuteilen. Aber auch das kann nach Auffassung
der Gutachter keine endgültige Lösung sein.
"Unter dem Aspekt des Wettbewerbs ist die Verpackungsverordnung
eine glatte Fehlkonstruktion. Wer den Wettbewerb wirklich will,
muss die Verordnung ändern", fordert Prof. Ewers. Sein
Projektteam hat dazu konkrete Vorschläge entwickelt.
Am weitesten reicht der Vorschlag, nach britischem Vorbild einen
Handel mit Verwertungsnachweisen einzuführen; er würde
das bisherige System am gravierendsten verändern. Hersteller
und Händler könnten dann auf dem freien Markt Entsorgungsnachweise
kaufen, müssten sich aber nicht mehr fest an einen einzigen
Systembetreiber binden.
Die gängigen Argumente, die gegen den Wettbewerb in der dualen
Entsorgung ins Feld geführt werden, konnte die Studie eindeutig
widerlegen. So hat das Forschungsteam herausgefunden, dass es
sich bei der dualen Entsorgung nicht um ein so genanntes natürliches
Monopol handelt, bei dem der Markt am kostengünstigsten von
nur einem Anbieter bedient wird - im Gegenteil: Die Gutachter
fanden Anhaltspunkte, dass sich die Kosten der dualen Entsorgung
bei mehr Wettbewerb um 25 bis 50 Prozent reduzieren lassen. Auch
ökologische Argumente sprechen für die Ergebnisse der
TU-Studie. Auftraggeber der Studie war die Landbell AG für
Rückhol-Systeme in Mainz, bisher einziger Konkurrent der
DSD AG. Die Landbell AG hat die Zulassung als Systembetreiber
in Hessen beantragt.
Henning Tegner
wip.tu-berlin.de
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