TU intern - April 2001 - Forschung
Innovative Materialauswahl
Grüne Entwicklungshilfe für die Industrie
Umweltgerechte Materialauswahl mit euroMat, z. B. für den
Ford Mondeo |
Innerhalb eines 10-Millionen-Mark-Projektes haben Wissenschaftler
der TU Berlin ein weltweit einmaliges Instrument zur umwelt- und
recyclingorientierten Materialauswahl entwickelt. Im Verbund mit
Fachkollegen und zahlreichen Industriepartnern gelang es ihnen,
Produktentwicklern ein Hilfsmittel zu liefern, mit dem sie innovative
Lösungen aus über 3000 Basismaterialien und aus einem
Vielfachen an Kombinationen aus diesen sicher entwickeln können.
Die Methode wurde bereits für Bauteile des neuen Ford Mondeo
und eines LKW von Mercedes-Benz getestet.
Metalle, Kunststoffe, natürliche Polymere, Glas und keramische
Erzeugnisse, Verbundwerkstoffe - Produktentwicklern stehen heute
eine Vielzahl von herkömmlichen und neuen Materialien zur
Auswahl. Doch welche sind die besten und kostengünstigsten
für das angestrebte Produkt? Und welche sind zudem die innovativsten
mit Blick auf den Umweltschutz, auf Nachhaltigkeit oder die gesetzlichen
Recycling-Richtlinien? Unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Günter
Fleischer haben Wissenschaftler der TU Berlin in einer siebenjährigen
Projektphase dafür ein weltweit einmaliges Instrument entwickelt:
euroMat (entwicklungsbegleitendes Instrument für umwelt-
und recyclingorientierte Materiallösungen) ermöglicht
nun eine umfassende und vor allem umwelt- und recyclingorientierte
Materialauswahl. "In Kooperation mit anderen Wissenschaftskollegen
aus zwei Fraunhofer-Instituten und der BTU Cottbus
sowie zahlreichen Industriepartnern ist es uns gelungen, mit euroMat
eine Lücke für die industriellen Anwender in den Forschungs-
und Entwicklungsabteilungen zu schließen", sagt Projektkoordinator
Gerald Rebitzer vom Institut für Technischen Umweltschutz
der TU Berlin.
Bereits existierende Marktlösungen bieten entweder einfache,
wenig aussagekräftige Checklisten oder verlangen sehr spezifisches
Know-how, über das nur sehr wenige Unternehmen verfügen
und dessen Einbeziehung in den Produktentwicklungsprozess zu zeitaufwendig
ist. Das 10-Millionen-Mark-Projekt, finanziert vom Bundesministerium für Bildung, Forschung und Technologie,
ermöglicht nun eine ganzheitliche, schnelle und aussagesichere
Auswahl.
Mit den unterschiedlichen Komponenten des Softwaretools von euroMat
ist es jetzt möglich, sich von der Materialempfehlung, über
die Fertigungs- und Recyclingwege für das Bauteil bis hin
zu dessen Umwelt-, Kosten-, Arbeitsumwelt- sowie Risikobewertungen
durchzuarbeiten. "Dabei ist euroMat so konzipiert, dass der
Anwender für sein spezifisches Vorhaben die geeignetsten
Varianten aus allen möglichen Materialien und Materialkombinationen
vorgeschlagen bekommt. "Wir nennen das den top-down-Ansatz",
berichtet der TU-Wissenschaftler. Dafür stehen weit mehr
als 3000 unterschiedliche Basismaterialien zur Auswahl, aus denen
ein Vielfaches an Kombinationen (potentielle neue Werkstoffe)
gebildet werden kann.
Um die Anwendbarkeit der euroMat-Methode zu testen, wurde damit
bereits die Materialauswahl für mehrere Bauteile durchgeführt.
Darunter beispielsweise ein Trinkwassertank für den Airbus
A320 von der MAN Technologie AG oder die Innenverkleidung einer
Fahrertür in einem Leichtbau-LKW von Mercedes-Benz. Dazu
zählt auch ein Trägermodul im Vorderwagenbereich für
die neue Serie des Ford Mondeo.
"Ein Unternehmen", so Projektleiter Prof. Dr. Günter
Fleischer, "das euroMat nutzt, kann ganz klare Wettbewerbsvorteile
erwarten." Neue, unkonventionelle Lösungen, weniger
Fehlentwicklungen, bessere technische Eigenschaften und eine bessere
Ökobilanz - das sind die Vorteile des neuen Vorgehens, das
insbesondere den deutschen Unternehmen helfen soll, im internationalen
Wettbewerb zu bestehen.
Stefanie Terp
www.euromat-online.de
Leserbriefe
|