TU intern - April 2001 - Forschung
Untersuchungsfeld Operationssaal
Kooperation und Sicherheit in komplexen soziotechnischen Systemen
"KOSIS"
Optimale Arbeitsabläufe sind auch eine Frage der Sicherheit,
z. B. im Operationssaal |
Technischer und organisatorischer Fortschritt führen dazu,
dass unsere Welt zunehmend "perfekter", aber auch komplizierter
wird. Damit wachsen die Erwartungen an Sicherheit und Zuverlässigkeit.
Bei Systemen mit hohem Versagensrisiko wie bei Kernkraftwerken
oder in der Luftfahrt kann man durch streng geregelte Prozessabläufe
und umfassende Kontrollsysteme ein sehr hohes Sicherheitsniveau
erreichen. Wie aber verfährt man bei der Vielzahl individueller,
jedoch nicht minder komplexer Arbeitssysteme wie z. B. im Krankenhaus
oder im Verkehrsbereich? Mit diesen Problemen wird sich der erste
interdisziplinäre Forschungsschwerpunkt (IFS) der TU Berlin
befassen. Im Mittelpunkt stehen die "Kooperation und Sicherheit in komplexen soziotechnischen Systemen"
(KOSIS).
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus fünf Teildisziplinen
der TU Berlin untersuchen Arbeitssituationen und -abläufe,
um eine gemeinsame Optimierung von Technikeinsatz, Organisation
und dem Einsatz von Humanressourcen zu erreichen. Angestrebt wird
ein in sich schlüssiges und seine Aufgaben sicher erfüllendes
Arbeitssystem, in dem Fehler erst gar nicht entstehen. Der Schwerpunkt
der Analysen liegt dabei in der Betrachtung von Kooperationen
zwischen verschiedenen Menschen, wie auch zwischen Mensch und
Technik sowie Technik und Technik und ihren Auswirkungen auf die
zu erreichende Systemsicherheit. Hierbei werden die Kompetenzen
und Methoden verschiedener ingenieurwissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher
Fachgebiete insofern integriert, als dass menschbezogene, technikbezogene
und Mensch-Technik-bezogene Aspekte ein gemeinsames Wirkungssystem
bilden.
Als exemplarische Fallstudie des interdisziplinären Forschungsschwerpunkts
soll der heutige Operationssaal (OP) dienen. Dieser stellt im
Arbeitssystem Krankenhaus das Kernstück und damit auch den
kostenintensivsten und sicherheitskritischsten Arbeitsbereich
dar. Derzeit befindet sich insbesondere das stationäre klinische
Arbeitssystem unter massivem Kostendruck. Die Forderung nach höherer
Effizienz folgt daraus. Außerdem stellt das Arbeitssystem
OP ein äußerst dynamisches Feld des technologischen
Fortschritts dar. Mikrotechnologie sowie moderne Informations-
und Kommunikationstechnologien finden verstärkt Einsatz.
Diese Dynamik und Komplexität machen den OP zu einem Anwendungsfeld,
das sowohl hinsichtlich der Theoriebildung und Methodenentwicklung
ein großes Potenzial in sich birgt sowie eine große
aktuelle und in den nächsten Jahren weiter wachsende gesellschaftliche
Brisanz besitzt.
Durch die disziplinübergreifende Erforschung komplexer soziotechnischer
Systeme soll eine methodische Grundlage für einen allgemeinen
Betrachtungsansatz geschaffen werden. Hierzu arbeiten Wissenschaftler
aus den Fachgebieten Arbeitswissenschaft sowie Arbeits- und Organisationspsychologie
zusammen. Die Einbindung der Semiotik verspricht im Zusammenspiel
der Projektpartner ein besonderes Innovationspotenzial zu besitzen,
das vor allem auf die Gestaltung der Kommunikation zwischen Mensch
und Maschine wie auch zwischen Maschine und Maschine abzielt.
Die Sozialwissenschaften, vertreten durch das Fachgebiet Techniksoziologie,
erhalten im Rahmen der Forschungsarbeiten eine intensive wissenschaftliche
Verbindung zu den Ingenieurwissenschaften und der Informatik,
welche die Erkenntnisse mit geeigneten Modellierungsmethoden in
einen gemeinsamen Rahmen fügt. Der interdisziplinäre
Forschungsschwerpunkt hat eine Laufzeit von drei Jahren, beginnend
zum Januar 2001, und soll die Grundlage für weitere Forschungsarbeiten
auf diesem Gebiet bilden.
tui
http://uebb.cs.tu-berlin.de/kosis/.
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