TU intern - April 2001 - Internationales
National Research Council:
Politikberatung
Als die Union der deutschen Wissenschaftsakademien
im Februar dieses Jahres in München tagte, war man sich bei
der Ablehnung einer deutschen Nationalakademie der Wissenschaften
weitgehend einig. Neuerungen anderer Art wurden aber diskutiert.
Statt sich überwiegend auf Langzeitvorhaben zu konzentrieren,
sollten sich die Akademien in Zukunft auch aktuellen Fragen widmen
und sich verstärkt in der Politikberatung engagieren. Der
bisherige Vorsitzende des Wissenschaftsrates,
Prof. Dr. Winfried Schulze, und der Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung,
Prof. Dr. Wolfgang Frühwald, schlugen daher die Einrichtung
eines nationalen Forschungsrates nach dem Vorbild des amerikanischen
National Research Council
vor, der Regierungseinrichtungen bei Fragen der Wissenschaft beraten
soll. Auch die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina
versteht sich zunehmend als Vermittlerin zwischen Wissenschaft
und Öffentlichkeit und setzt sich daher, wie kürzlich
auf ihrer Generalversammlung in Halle beschlossen, für die
Gründung eines Nationalen Wissenschaftsrates ein.
AMERIKANISCHES VORBILD
Das amerikanische National Research Council wurde 1916 als Antwort
auf die gestiegenen Bedürfnisse an wissenschaftlichen und
technischen Dienstleistungen gegründet und berät heute
die Regierung sowie die Scientific Community kontinuierlich zu
den verschiedensten Fragen der Wissenschaft. Als Nonprofit-Organisation
wird das National Research Council zu 85 Prozent von den Ländern
und zu 15 Prozent vom Staat, privaten Stiftungen, Industrieunternehmen
und aus Mitteln der einzelnen Akademien finanziert. Es fasst die
Aktivitäten der zwei großen amerikanischen Akademien
- National Academy of Sciences,
National Academy of Engineering
- sowie des Institute of Medicine
zusammen und betreut als ausführender Arm den Großteil
der Studien, die im Namen der drei Einrichtungen durchgeführt
werden. Entsprechend dem aktuellen Beratungsbedarf der Politik
erstellt das Research Council so jährlich etwa 400 Gutachten,
an denen rund 1000 verschiedene Komitees mit rund 10000 Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern beteiligt sind.
NEU STRUKTURIERT
Zu Beginn des Jahres wurden Programmeinheiten des National Research
Council neu strukturiert. Seitdem gliedert es sich in die Abteilungen
Division on Behavioral and Social Sciences and Education (DBASSE),
Division on Earth and Life Studies (DELS), Division on Engineering
and Physical Sciences (DEPS), Policy and Global Affairs Division
(PGA), Institute of Medicine (IOM) und Transportation Research
Board (TRB). Im Auftrag der Regierung widmet sich das Council
Fragen der Raketenabwehr ebenso wie des geistigen Eigentums im
Informationszeitalter. Es untersucht Spuren von Arsen im Trinkwasser,
die steigenden Ozonwerte und die Entwicklung der Biodiversität.
Generell erstellt es Gutachten zu Themen der Verteidigung, der
Erziehung, der Gesundheit, der Industrie und Technologie, der
internationalen Zusammenarbeit, der Umwelt und des Verkehrs.
Auch Nichtregierungsorganisationen, Universitäten oder Firmen
können sich mit Anfragen an das National Research Council
wenden, hier wird jedoch zunächst die nationale Bedeutung
des entsprechenden Projekts geprüft.
Mirjam Kaplow
www.leopoldina.uni-halle.de/presse14_01.htm
www.nas.edu/nrc
www.akademienunion.de
Leserbriefe
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