TU intern - April 2001 - Hochschulpolitik
Die Beschäftigten dort abholen, wo sie stehen
Der neugewählte Personalrat hat seine Themenliste aufgestellt
Mit Michaela Müller-Klang an der Spitze hat der neue Personalrat
seine Arbeit aufgenommen. Dies geschieht in einer Zeit, in der
fast jede Abteilung, jedes Institut der TU Berlin von Reformmaßnahmen
und Umstrukturierungen betroffen ist.
Frau Müller-Klang, welche Aufgabenfelder haben für
den Personalrat oberste Priorität?
Frau Müller-Klang: Unser primäres Ziel ist es,
den Ausschluss der betriebsbedingten Kündigungen auf Dauer
zu erreichen. Sollte dies nicht sofort gelingen, betrachten wir
als Teilerfolg die Verlängerung der bestehenden Vereinbarung
bis mindestens zum Ende des Jahres 2004.
Wie schätzen Sie die Chancen dafür ein?
Frau Müller-Klang: Eigentlich relativ gut. Ich denke,
Herr Ewers hat deutlich gemacht, dass es für ihn betriebsbedingte
Kündigungen als Instrument nicht geben wird. So haben wir
ihn zumindest bisher verstanden. Außerdem werden wir das
mittelfristige Haushaltsdefizit nach unseren Informationen im
Jahre 2002 hinter uns gelassen haben, sodass wir dann nach dem
Tal wieder die Sonne sehen sollten. Daher würden wir uns
wünschen, dass zumindest in der Vereinbarung zwischen den
Gewerkschaften und der Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten
ein weiterer Ausschluss festgelegt wird. Das ist unser politisches
Ziel.
Eng im Zusammenhang damit steht das Thema Personalüberhang.
In welche Richtung wollen Sie da gehen?
Frau Müller-Klang: Die TU-Leitung strebt einen zügigen
Abbau des Personalüberhangs an und wir versuchen ihn sozialverträglich
zu gestalten. Das ist zurzeit unser tägliches Geschäft.
Um das professionell managen und eine kontinuierliche Personalentwicklung
sichern zu können, fordern wir eine eigene professionelle
Personalentwicklerin oder einen professionellen Personalentwickler
für die TU Berlin. Diese Person sollte konzeptionell und
strategisch planen. Das Stichwort für sie heißt: Neue
Handlungsfelder und damit Tätigkeitsbereiche für unsere
Beschäftigten zu entwickeln sowie das vorhandene Personal
kontinuierlich zu qualifizieren. Das geschieht vor allem vor dem
Hintergrund, dass wir aufgrund des Generationswechsels in den
nächsten fünf Jahren rund 160 neue Professorinnen und
Professoren erwarten. Sie bringen konkrete Vorstellungen nicht
nur für ihr Fachgebiet, sondern auch für neue Arbeitsschwerpunkte
mit, die sie an der TU Berlin abdecken wollen. Einige Beschäftigte
müssen dafür weitergebildet oder umgeschult werden.
Der Personalentwickler oder die Personalentwicklerin müsste
neue Trends schon frühzeitig erkennen. Vor allem geht es
dabei um das Servicepersonal, um die Kolleginnen und Kollegen
in den Werkstätten, um die technischen Angestellten, um unsere
Labormitarbeiterinnen und -mitarbeiter und um das Verwaltungspersonal.
Frau Becker-Syed: Einen weiteren Schritt in Richtung sozialverträglichen
Personalabbau sehen wir in dem prämienbegünstigten Ausscheiden
von älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das jetzt
aktuelle Anreizsystem reicht aus unserer Sicht jedoch noch nicht
aus. Viele Frauen interessieren sich dafür, doch gerade sie
können sich diesen Weg oftmals nicht leisten. Ihre zu erwartenden
Rentenabschläge durch Teilzeitarbeit oder Kindererziehungszeiten
sind zu hoch, um dieses Angebot anzunehmen. Hier müssen wir
weiter dran bleiben und eine finanzielle Verbesserung von der
TU-Leitung einfordern.
Frau Müller-Klang: Ein prämienbegünstigtes
Ausscheiden, die Implementierung kontinuierlicher Personalentwicklung
sowie die Entwicklung neuer Arbeitsgebiete durch eine/n professionellen
Personalentwickler/in sind sehr wichtig, aber nur drei von vielen
Modulen innerhalb unseres Konzeptes, das wir Ende vergangenen
Jahres gemeinsam mit der Leiterin der Personalabteilung, Frau
Dr. Obst-Hantel, entwickelt haben. Im November wurde das Papier
vom Umsetzungsausschuss verabschiedet. Jetzt ist eine politische
Entscheidung durch die Universitätsleitung nötig, um
den Prozess voranzubringen. Der Schwebezustand, wie er im Moment
existiert, ist für keine der beteiligten Seiten von Nutzen.
Frau Becker-Syed: Man kann auch kleine Schritte gehen,
doch wir setzen uns vehement für dieses Gesamtkonzept ein.
Personalentwicklung ist ein langwieriger Prozess. Meistens dauert
es fünf bis zehn Jahre, bis neue Strukturen entstanden sind,
bis alle Instrumente sich auch gegenseitig ergänzen und ineinander
greifen. Es ist ein langer Weg für uns Beschäftigte,
aber auch für die Vorgesetzten.
Wie stellen Sie sich die Umsetzung der Struktur- und Verwaltungsreform
vor?
Frau Müller-Klang: Sozialverträglich natürlich.
Dazu gehört es vor allem, dass der zügige Abbau des
Personalüberhangs menschenwürdig, nachvollziehbar und
transparent für die Betroffenen geschieht. Wir haben nicht
überall den Eindruck, dass die Beschäftigten dort abgeholt
wurden, wo sie stehen.
Wie reagiert der Personalrat darauf?
Frau Becker-Syed: Seit gut einem Jahren "reisen"
wir durch die Fachbereiche und beraten dort, wo die Beschäftigten
das Bedürfnis haben, über bestimmte Themen informiert
zu werden. Was bedeutet die Verwaltungsreform für mich, wie
ist der aktuelle Stand? Kommt mit der Umstrukturierung auch eine
andere Eingruppierung zustande? Wie wird die Neugestaltung der
Fakultätsservice-Center aussehen? Diese und mehr Fragen werden
an uns gestellt. Wir bemühen uns hier um eine kompetente
Beratung.
Frau Müller-Klang: Wir müssen alle - egal ob
Personalrat oder Universitätsleitung - informationspolitisch
stärker in die Offensive gehen. Da haben wir einiges nachzuholen
und wir arbeiten daran. Ein anderer wichtiger Punkt für uns
ist, inwiefern die Beschlüsse des Umsetzungsausschusses des
Präsidiums zur Umsetzung der Verwaltungsreformprojekte in
der Realität verbindlich umgesetzt werden und dort auch greifen.
Weiterhin interessiert uns, welche Reformprojekte aufgrund des
finanziellen Drucks auf unsere Hochschule eingestellt werden müssen
oder doch weiterlaufen können. Da wollen wir mitdiskutieren!
Welche anderen Themen besitzen für Ihre künftige
Arbeit ebenfalls Priorität?
Frau Müller-Klang: Beispielsweise die Verhinderung
von Outsourcing-Projekten. Sollten Überlegungen diesbezüglich
angestellt werden, treten wir in jedem Fall konzeptionell dagegen
an. Bisher war es vorwiegend so, dass die Leitung auf die Vorschläge
des Personalrates im Sinne der Beschäftigten eingegangen
ist. Wir werden auch weiterhin mit Gegenstrategien arbeiten. Wir
müssen durch die Qualifizierung der vorhandenen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter versuchen, die betreffenden Aufgaben für
die TU zu erhalten und Privatisierungsmaßnahmen zu verhindern.
Frau Becker-Syed: Uns liegt nach wie vor auch der Ausbau
des Gesundheitsschutzes am Herzen. Dafür benötigen wir
zum Beispiel konkrete Arbeitsplatzanalysen. Wir wollen ein Konzept,
das langfristig auf Prävention baut. Wenn unsere Beschäftigten
beispielsweise das Bedürfnis nach sportlichem Ausgleich haben,
dann sollte das der Arbeitgeber im Rahmen seiner Möglichkeiten
auch anbieten. Das ist sehr langfristig gedacht und benötigt
einen großen finanziellen Rahmen.
Frau Müller-Klang: Ein anderes wichtiges Thema ist
die Arbeitsverdichtung. Durch einen kontinuierlichen Personalabbau
sind zwischen den Jahren 1992 und 2000 mehr als 1000 Stellen weggefallen.
Doch sind auch adäquat die Arbeitsaufgaben reduziert worden?
Wir sagen nein, denn die Aufgaben müssen überwiegend
von anderen Kolleginnen und Kollegen im Arbeitsumfeld zusätzlich
übernommen werden. Letzteres führt mit Sicherheit zu
Mehrarbeit und Überstunden. Sie gilt es abzubauen. Wir wollen
Genaueres darüber wissen. Vor der Umstrukturierung der Fachbereiche,
der ZUV sowie der UB und der Zentraleinrichtungen muss klargestellt
werden, wer welche Projekte betreut, wer welche Aufgaben übernehmen
wird und welche Aufgabenfelder wegfallen werden. Möglicherweise
ergeben sich nach der Bestandsaufnahme neue Handlungsfelder und
Aufgabengebiete, die dazu führen, dass unsere Beschäftigten
Qualifizierungsmaßnahmen benötigen. Da schließt
sich der Kreis.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Stefanie Terp
Manfred Bedewitz übergab die Führung des
Personalrats an Michaela Müller-Klang und ihre Stellvertreterin
Anke Becker-Syed
Manfred
Bedewitz war von 1989 bis zum 14. 12. 2000 Personalratsvorsitzender.
Während seiner Amtszeit waren für ihn vorrangig
die Arbeitsschwerpunkte Arbeitssicherheit, Verkehrskonzept,
Ausbildung, Altersteilzeit, Verhinderung von Privatisierungen
sowie die Beratung in allen Angelegenheiten der Arbeiterinnen
und Arbeiter wichtig. Er verabschiedete sich zum 31. 12. 2000
in den Freizeitblock der Altersteilzeit.
Michaela
Müller-Klang, Vorsitzende des Personalrates der Angestellten,
Arbeiterinnen/Arbeiter und Beamtinnen/Beamten der TU Berlin:
Unser primäres Ziel ist es, den Ausschluss der betriebsbedingten
Kündigungen auf Dauer zu erreichen. Sollte dies nicht
sofort gelingen, betrachten wir als Teilerfolg die Verlängerung
der bestehenden Vereinbarung bis mindestens zum Ende des Jahres
2004.
Anke Becker-Syed, 1. Stellvertreterin: Einen weiteren
Schritt in Richtung sozialverträglichen Personalabbau
sehen wir in dem prämienbegünstigten Ausscheiden
von älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das jetzt
aktuelle Anreizsystem reicht aus unserer Sicht jedoch noch
nicht aus. Hier müssen wir weiter dran bleiben und eine
finanzielle Verbesserung von der TU-Leitung einfordern.
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