TU intern - April 2001 - Hochschulpolitik

Lohn für Leistung

Kontroverse Diskussion

Das Hahn-Meitner-Institut tut es schon seit 1999. Ein Krankenhaus in Marzahn zieht ab Herbst 2001 nach. Und auch das Land Berlin wird wohl bald - zumindest seine Beamten - für besondere Leistungen belohnen. Ein entsprechender Vorschlag von Innensenator Eckhard Werthebach liegt vor und muss nun noch vom Rat der Bürgermeister beraten werden. Nicht nur Professorinnen und Professoren stehen also im Fokus, wenn es um leistungsgerechte Bezahlung geht. TU intern befragte Mitarbeiter der TU, was sie von leistungsabhängiger Bezahlung für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst halten und wie sie sich die Umsetzung des Konzepts vorstellen.

Dietrich Haberland,
Leiter WTB
Ich bin der Meinung, dass sich Menschen vor allem über persönliche Vorteile motivieren lassen. Insofern würde ich die Einführung einer leistungsabhängigen Bezahlung im öffentlichen Dienst begrüßen. Ein Problem wäre aber sicherlich zu beurteilen, was eine zusätzliche Leistung ist. Man sollte dazu mit jedem Mitarbeiter sprechen, was er im Laufe eines Jahres erreichen will. Wenn er dann diese Zielvorgaben übertroffen hat, sollte man das entsprechend honorieren. Es sollte jedoch keine ständigen Zusatzleistungen geben, sondern sie sollten jedes Jahr neu vereinbart werden. Die Prämien könnten durch ein geringeres Grundgehalt finanziert werden und durch Einsparungen, die sich aus zeitweilig unbesetzten Stellen ergeben.
Michaela Müller-Klang,
Personalratsvorsitzende
Bei dem Thema Leistungsanreiz gilt es, Kriterien zu definieren: Was ist Leistung? Woran messe ich sie? Es kann nicht sein, dass wir uns ausschließlich auf quantitative Kriterien stützen. Qualität ist gefragt. Es geht ja auch darum, gute Arbeit zu leisten und nicht nur Aktenberge abzuarbeiten. Der Personalrat und die Leiterin der Abteilung Personal sind sich darüber einig, für ein Projekt mit Institutssekretärinnen, externes Know-how zu holen, um uns bei diesem Thema beraten zu lassen. Am Anfang sollte eine gemeinsame Definition von Leistung stehen, damit wir nicht aneinander vorbeireden. In diesem Zusammenhang geht es dem Personalrat darum, mit der TU-Leitung materielle und immaterielle Anreize verbindlich zu regeln.
Katja Stutz,
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Land- und Seeverkehr
Grundsätzlich finde ich die Idee sehr gut zur Motivation und damit sich niemand auf seiner Stelle ausruhen kann. Allerdings ist es problematisch, objektive Leistungskriterien für jeden Arbeitsbereich zu definieren. Besonders in der Wissenschaft lässt sich die Leistung kaum messen. Über die Anzahl der Publikationen, das Drittmitteleinkommen und Ähnliches oder die Qualität der Lehre allein lässt sich das nicht machen. Auch die Zeit, die jemand über seine vorgegebene Arbeitszeit hinaus investiert, könnte mit Leistungsprämien honoriert werden, dies würde auf bezahlte Überstunden, wie es fast überall sonst in der Industrie üblich ist, hinauslaufen. Der öffentliche Dienst sollte sich überhaupt mehr an der Industrie orientieren. Stellen, die praktisch unkündbar sind, behindern die Entwicklung eines effektiven Unternehmens, auch wenn das Ziel dieses Unternehmens Lehre und Forschung heißt.
Georg Borchert,
Leiter finanzwirtschaftliche Grundsatzfragen, Haushaltswirtschaft
Eine leistungsabhängige Komponente halte ich für positiv. Eine geringere Grundvergütung befürworte ich aber nicht. Besondere Leistungen können dann zusätzlich honoriert werden. Dafür könnten z. B. erwirtschaftete Überschüsse aus dem Budget der jeweiligen Organisationseinheit verwendet werden. Ein generelles Problem bei Prämien ist, dass sie von Jahr zu Jahr steigen müssten, sonst wirken sie nicht mehr motivierend. Dadurch könnte sich das Ganze inflationär entwickeln. Vielleicht sollte auch nicht der einzelne, sondern der gesamte Arbeitsbereich für überdurchschnittliche Leistungen prämiert werden. Die Kollegen könnten dann überlegen, ob einer von ihnen besonders viel geleistet hat und dafür einen Teil der Prämie allein erhalten soll. Der Rest könnte dann z. B. für Betriebsausflüge genutzt werden.
Dr. Carola Beckmeier,
Leiterin des Akademischen Auslandsamtes
Grundsätzlich finde ich eine leistungsabhängige Bezahlung richtig, weil ich denke, dass es viele Ungerechtigkeiten in dem bisherigen System gibt. Auch halte ich es für notwendig, denjenigen eine Anerkennung zukommen zu lassen, die sich besonders für ihren Bereich einsetzen. Es muss aber die Transparenz gewährleistet sein, d. h. die Vergabekriterien müssen für alle Beteiligten nachvollziehbar sein. Generell meine ich, dass das ganze Einstufungssystem überarbeitet werden müsste. Das gilt sowohl für die Abstufungen als auch für die Beschreibungen der Arbeitsaufgaben. Es müsste einfacher werden, jemandem, der sich auf einer Stelle bewährt hat, eine höhere Einstufung anzubieten.
Privatdozent Dr. Norbert Esser,
Institut für Festkörperphysik
Leistungsabhängige Bezahlung hört sich zunächst erst mal gut an. Wer viel leistet, soll auch gut bezahlt werden - das ist ja die Maxime unserer Gesellschaft. Wichtig sind vor allem nachvollziehbare Leistungskriterien. An der Universität könnten das z. B. Forschungs- und administrative Leistungen sein. In der Forschung gibt es allerdings schon einen sehr starken Leistungsanreiz. Forschung finanziert sich ja überwiegend über Drittmittel und die bekommt nur, wer gute Ergebnisse vorzuweisen hat. Dass darüber hinaus ein paar hundert Mark motivierend wirken, glaube ich eigentlich nicht. Der einzige Punkt, an dem man vielleicht etwas verbessern könnte, ist die Lehre, da sie im Moment noch nicht so stark gewichtet ist. Insgesamt sehe ich es eher skeptisch, leistungsabhängige Bezahlung im Forschungsbetrieb einzuführen.


Leserbriefe

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    April 2001


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