TU intern - Dezember 2001 - Aktuelles
Erfolgreicher Erstsemestertag:
Aufruf an die Neulinge: Leisten Sie sich Neugier
Wissenschaft traf Kultur: TU-Vizepräsident
Prof. Bernhard Wilpert überreichte Otto Sander, Iris und
Oliver Berben nach ihrer Lesung Geschenke |
Leisten Sie sich Neugier, rief der 1. Vizepräsident
der TU Berlin, Prof. Dr. Kurt Kutzler, den Neulingen an der Universität
im Lichthof zu. Er machte den neuen Studierenden Mut, Anonymität
an einer großen Universität nicht einfach hinzunehmen,
Kontakte aufzunehmen, Fragen zu stellen, neue Welten zu entdecken.
Dazu sollte der Erstsemestertag am 15. November den Anstoß
geben. Zuerst noch etwas schüchtern versammelten sich die jungen
Leute gegen 11 Uhr im Lichthof. Bistro-Tische mit Laugenbrezeln
und Quiche, eine Bar, an der bunte alkoholfreie Cocktails gemixt
wurden und eine Bühne mit Musik-Equipment deuteten darauf hin,
dass hier gleich Besonderes geschehen sollte. Als die Band Soul
Con-Action dann mit Funk-, Soul- und Jazzrhythmen die gravitätische
und Ehrfurcht gebietende Atmosphäre des Lichthofes durchbrach,
wagten sich die neuen Studierenden etwas näher heran und ließen
sich alsbald auf die begrüßenden Worte ihres neuen Chefs
ein, die sie neugierig auf ihr kommendes Leben auf dem großen
TU-Campus machen sollten und ihnen auch Nachdenkliches mit auf den
Weg gaben. Mehr als zwanzig universitäre Einrichtungen hatten
inzwischen an Ständen rund um den Lichthof Position bezogen
und gaben den Studierenden mit Flyern, Diaprojektionen, Postern
und Modellen Einblicke in ihre Arbeit, die Hilfestellung und Unterstützung
in allen studentischen Lebenslagen zum Ziel hat. So präsentierten
sich der Hochschulsport, das Rechenzentrum, die Sprach- und Kulturbörse,
das Akademische Auslandsamt, das Career Center, studentische Initiativen,
Projektwerkstätten und viele mehr.
Mit
Gruppen von fünfzehn bis zwanzig Leuten zogen gegen Mittag
einige höhere Semester zu ihren Campus-Touren los, um den Neulingen
zu zeigen, wo man das BAföG beantragt, wo man sich um eine
Bude bewirbt, wo es die besten, wo die billigsten und
wo es die Brötchen gibt, bei deren Genuss der Panoramablick
über Berlin gratis dabei ist. Doch die jungen Studierenden
wollten auch wissen, wo genau der PC-Saal liegt, wo man seine E-Mail-Adresse
bekommt und welches der kürzeste Weg von der Mensa in die Universitätsbibliothek
ist.
Nachmittags strömten Hunderte in die Hörsäle des
Hauptgebäudes, wo sechs verschiedene Infoforen, die von Fachleuten
aus Hochschule und Institutionen geleitet wurden, die Neulinge an
der Uni über wichtige Themen aufklärten: zum Beispiel,
wie viel Geld Studierende steuerfrei hinzuverdienen dürfen,
unter welchen Voraussetzungen Stipendien und Studienaufenthalte
im Ausland infrage kommen oder wie man wissenschaftlich und mit
modernen Medien arbeitet.
Den Höhepunkt des Tages bildeten aber unzweifelhaft die Auftritte
der drei prominenten Kulturschaffenden Iris und Oliver Berben sowie
Otto Sander am Abend, die die sonst übliche Party ersetzten.
Mit einer Lesung über Toleranz und gegenseitiges Verständnis
wollte die Universität zum Nachdenken in den verwirrenden Wochen
nach dem 11. September anregen. Schnell war das Audimax gut gefüllt,
dieses Mal nicht nur von Studierenden, sondern auch von ihren Lehrern
und vielen interessierten Berlinern und Berlinerinnen. Professor
Dr. Wolfgang Benz und Professor Dr. Sigrid Weigel führten die
Zuhörer kurz in die Bedeutung der Texte ein, und dann lauschte
das Auditorium dem Wechselgespräch Mama, was ist Auschwitz?
der Holocaust-Forscherin Annette Wieviorka, das Iris und Oliver
Berben vortrugen, und den von Otto Sander gelesenen Kindheitserinnerungen
Heinrich Heines. Als Zugabe hatte Otto Sander sogar noch das 1859
geschriebene Trauerspiel aus Afghanistan von Theodor
Fontane parat. Die mit viel Beifall gefeierten Gäste fühlten
sich offensichtlich wohl. Das wäre doch nicht nötig
gewesen, witzelte Otto Sander, als er von Professor Bernhard
Wilpert Blumen, Wein und eine große Havanna überreicht
bekam. Iris Berben, auf der Bühne souverän, gab hinter
den Kulissen zu, ziemlich nervös gewesen zu sein, obwohl sie
schon viele Jahre lang vor allem in jüdischen Gemeinden zu
diesem Thema liest: In einer Universität bin ich noch
nie aufgetreten. Wie zu Hause fühlte sich dagegen ihr
Sohn Oliver: Ich war total stolz, als ich am Haupteingang
meiner alten TU das große Plakat mit meinem Namen sah. Eigentlich
wollte ich ja auch Astronaut werden. Na ja, nun ist er Filmproduzent
geworden, und ein erfolgreichernoch dazu.
Patricia Pätzold
Leserbriefe
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