TU intern - Dezember 2001 - Internationales
Neuseeland-Erfahrungen:
Weihnachten in Badehose
Woran
denken die meisten Menschen, wenn sie Neuseeland hören? Wahrscheinlich
an Schafe, Schafe und nochmals Schafe, vielleicht noch an Kiwis
und das absolute Ende der Welt. Studierende der Energie- und Verfahrenstechnik
können diesen Vorurteilen auf den Pelz rücken: Für
sie besteht die Möglichkeit, im Rahmen eines Austauschprogramms
von Prof. Hein Auracher vom Institut
für Energietechnik der TU Berlin mit Dr. Joe Deans von
der University of Auckland und Dr. Pat Jordan von der University
of Canterbury ein Semester 20000 km weit weg von zu Hause zu verbringen,
um ihre Studien- oder Diplomarbeit zu verfassen.
Genau dieses Angebot haben wir, Johannes Gerhard und Sebastian
Kitte, im Wintersemester 2000/01 wahrgenommen und wissen nun, dass
Neuseeland sehr viel mehr zu bieten hat: Einsame Strände, Regenwald,
Fjorde, Geysire, Gletscher, Vulkane, die schönsten Wanderwege
der Welt - einfach Natur pur. Und natürlich Sommer, wenn in
Berlin die Wintermäntel ausgepackt werden, sodass Weihnachten
hervorragend in der Badehose gefeiert werden kann. Aber natürlich
waren wir nicht nur zum Vergnügen dort.
Johannes
verbrachte das halbe Jahr in Auckland, der einzigen Millionenstadt
und dem wirtschaftlichen Zentrum des Landes, das zwar nur etwa ein
Drittel der Einwohner Berlins beherbergt, dafür aber auf fast
der doppelten Fläche. Deshalb wohnen auch Studenten - gezwungenermaßen
sozusagen - in Einfamilienhäusern mit hübschen Gärten.
Die Universität hat als größte des Landes vergleichbar
viele Studierende wie die TU Berlin. Das Fächerspektrum ist
ausgesprochen breit und reicht von Architektur bis Zahnmedizin,
wobei für Studierende der Energie- und Verfahrenstechnik Kontakt
zur School of Engineering besteht. In dem von Johannes durchgeführten
Projekt wurde ein neues Verfahren zum Aufspüren von Landminen
entwickelt.
Sebastian studierte an der University of Canterbury in der Gartenstadt
Neuseelands, Christchurch, die mit ihren etwa 300000 Einwohnern
das Zentrum der bevölkerungsärmeren Südinsel ist.
Er untersuchte den Wärmeübergang an einem Milchkessel,
womit er in die Fußstapfen mehrerer TU-Studierender trat,
die ebenfalls an diesem Langzeitprojekt mitgewirkt haben. Die Milchwirtschaft
spielt in Neuseeland eine große Rolle. Die Milch wird am Ort
der Produktion in großen Rührkesseln gesammelt.
Die optimale Kühlung ist daher wirtschaftlich von Bedeutung.
Das neuseeländische Universitätssystem ist weit verschulter
als das deutsche, und die Studierenden sind wesentlich jünger.
Mit 21 Jahren kann man schon ausgebildeter Ingenieur sein und seinen
Bachelor in der Tasche haben. Dem gegenüber stehen allerdings
jährliche Studiengebühren in vier- bis fünfstelliger
DM-Höhe, exklusive der kostenpflichtigen Internetbenutzung.
Auch verlassen viele Akademiker das Land, da in Übersee weitaus
attraktivere Gehälter locken - ein Problem, das in Neuseeland
derzeit breit in der Öffentlichkeit diskutiert wird.
Die
neuseeländische Nationalsportart ist Rugby, und das Nationalteam,
die All-Blacks, die in Deutschland durch einen Werbespot der Marke
mit den drei Streifen eine gewisse Berühmtheit erlangten, ist
ähnlich populär wie hier zu Lande die Fußballnationalelf.
Weitere beliebte Sportarten sind Kricket oder Golf, und da beides
typisch britisch erscheint, seien auch die zahlreichen Fish-and-Chips-Stände
erwähnt, die zeigen, wie groß der Einfluss der britischen
Siedler und deren Nachfahren ist. Auf der anderen Seite verleihen
allerdings die Maoris - Neuseelands Ureinwohner - und die vielen
Einwanderer aus der Südsee und Asien den Städten ein sehr
buntes und multikulturelles Flair.
Besonders auffällig: Das Leben in Neuseeland scheint sich
langsamer abzuspielen als hier in Mitteleuropa, und die Neuseeländer
sind durchweg offen und freundlich, was es jedem Ausländer
einfach macht, sich schnell einzuleben.
Johannes Gerhard, Sebastian Kitte,
Studierende
Leserbriefe
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