TU intern - Dezember 2001 - Hochschulpolitik

Hochschulreform:

Von Planwirtschaft und Bürokratie gebremst


Tempolimit: Die Kapazitätsverordnung behindert die Hochschulreform

Eine nachhaltige Reform des deutschen Hochschulsystems wird durch Planwirtschaft und Bürokratie behindert. Diesen Standpunkt vertreten Wissenschaftsrat und das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). Ursache sei insbesondere die so genannte Kapazitätsverordnung (KapVO), ein Relikt aus den 70er Jahren, das eine längst überfällige Neuordnung von Studienangebot und Hochschulzugang verhindere. Die Kapazitätsverordnung war ursprünglich zur vollständigen Auslastung vorhandener Lehrkapazitäten und zur gleichmäßigen Belastung der Hochschulen entwickelt worden. Hauptkritikpunkte von Wissenschaftsrat und CHE: Die Verordnung schränkt den Handlungsspielraum der Hochschulen ein, wirkt innovationsfeindlich und erlaubt es vor allem nicht, neuere Entwicklungen bei der Studiennachfrage, etwa vielfältig kombinierbare Kurzzeitstudiengänge, angemessen zu berücksichtigen. Das setze aber auch voraus, dass sich die Hochschulen ihre Studierenden selbst aussuchen könnten. Parallel dazu müssten sich Studierende in allen Fächern direkt bei der Hochschule ihrer Wahl bewerben können.

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-> Centrum für Hochschulentwicklung
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Auf einer Pressekonferenz im November in Berlin stellten Karl Max Einhäupl, Vorsitzender des Wissenschaftsrates, und Detlef Müller-Böling, Leiter des CHE, ein neues Konzept für eine nachfrageorientierte Steuerung des Studienangebotes vor. Das CHE hat bereits von einem Rechtsexperten bestätigen lassen, dass die vorgeschlagene Neuordnung verfassungskonform ist.

Der Perspektivenwechsel zu einer nachfrageorientierten Steuerung des Studienangebotes stützt sich im Wesentlichen auf einen Übergang von der staatlichen Bereitstellungspflicht für Studienangebote zu einer staatlichen Gewährleistungsverantwortung, wie er in anderen grundgesetzlich geschützten Bereichen in den letzten Jahren bereits stattgefunden hat. Damit ein alternatives Regelungsmodell funktionieren kann, muss eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein: ein funktionierender Wettbewerb, staatliche Nachsteuerung, die Transparenz der Auswahl, Expansion der Studienangebote, Diversifizierung der Studienangebote und Qualitätssicherung. Das neue Modell sieht vor, dass der Staat die inhaltliche und organisatorische Ausgestaltung eines bedarfsgerechten Studienangebotes dem Wettbewerb zwischen den Hochschulen überlässt. Er sorgt jedoch für Rahmenbedingungen, unter denen ein wirksamer Wettbewerb funktionieren kann, und vergibt dafür die an lehrbezogenen Kriterien ausgerichteten Finanzmittel an die Hochschulen nach dem Prinzip „Geld folgt Studierenden“. In die Planung der Studienangebote soll der Staat nur eingreifen, um das grundrechtlich gesicherte Mindestangebot in einzelnen Studienfeldern angesichts auftretender Defizite zu gewährleisten oder um spezifische politische Ziele zu realisieren. Mit dem Recht der Studieninteressenten auf freie Wahl einer Hochschule korrespondiert das Recht der Hochschulen zur Auswahl ihrer Studierenden. Die Kriterien und Verfahren der Hochschulen zur Studierendenauswahl sollen sich in einem bundesweit festgelegten Rahmen bewegen, der die Transparenz der Entscheidungen gewährleisten und Willkür verhindern soll. Einzelne Komponenten des vorgeschlagenen Modells lassen sich auch schrittweise realisieren.

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