TU intern - Februar/März 2001 - Aktuelles
Studie:
Berliner Biokäufer - das unbekannte Wesen?
Die BSE-Krise macht es wieder einmal deutlich - es gibt viele
gute Gründe, um Lebensmittel aus ökologischem Anbau
zu kaufen. Trotz aller Skandale der letzten Jahre macht der Anteil
von Bioprodukten am Lebensmittelmarkt aber weiterhin nur zwei
Prozent aus.
Worin unterscheidet sich der typische Biokäufer von anderen
Kunden? Was gibt letztendlich den Ausschlag, um festsitzende Einkaufsgewohnheiten
zu verändern, und welche Schwierigkeiten sind dabei zu überwinden?
Diesen Fragen geht ein Berliner Forschungsprojekt an der TU Berlin
und der Humboldt-Universität
seit zwei Jahren auf den Grund. Insgesamt 700 Berliner Biokäufer
wurden in diesem Zeitraum zu ihrem Einkaufs- und Ernährungsverhalten,
den Gründen und ihren Einstellungen befragt.
Die wichtigsten Ergebnisse: Die Berliner Biokäufer sind weder
alle Allergiker, Müslis oder Leute mit zu viel Geld. Produkte
aus ökologischem Anbau werden inzwischen von ganz verschiedenen
Leuten aus ganz verschiedenen Motiven gekauft. "Weil die
Tomate wirklich noch nach Tomate schmeckt", "weil ich
mal mitgekriegt habe, wie es in einer herkömmlichen Schlachterei
so zugeht". Mit dem Kauf von Bioprodukten ändert sich
oft die Ernährung: mehr Frisches, weniger Konserven und Fertigprodukte,
mehr Gemüse und Obst der Saison und seltener Fleisch und
Wurst. Das beschert auch so manches ungewohnte Geschmackserlebnis
- Vollkornspaghettis, Curry-Ananas-Aufstrich und Tofuwürstchen
waren einigen Kunden zunächst suspekt.
Am Geld scheitert es jedenfalls nicht: Über drei Viertel
der Befragten verfügen nur über ein geringes bis mittleres
Einkommen. Wer wenig Knete hat und trotzdem gerne viel Bio kauft,
wählt besonders oft die Mitgliederläden als Einkaufsort.
Gegen Zahlung eines monatlichen Beitrags wird hier ein Großteil
der Produkte zum Lieferpreis ohne Aufschlag verkauft.
Leute, die beim Einkauf auf ein Schwätzchen aus sind, gehen
dagegen gerne auf die Ökologischen Wochenmärkte. Wenn
es schnell gehen soll, gibt es die Biocorner bei Karstadt, sehr
große Auswahl bieten die Bio-Supermärkte. Das Angebot
von Bioprodukten an ganz unterschiedlichen Orten trägt jedenfalls
dazu bei, den Käuferkreis zu erweitern - damit sich beim
nächsten Skandal immer mehr Leute beruhigt zurücklehnen
können.
tui
Leserbriefe
|