TU intern - Januar 2001 - Forschung

NS-Geschichtsschreibung:

Frühe Konzentrationslager

Bis zum heutigen Tag gibt es keine Gesamtgeschichte der 25 nationalsozialistischen Konzentrations- und ihrer etwa 1200 Außenlager. Zwar wurden die Namen mancher Konzentrationslager zum Synonym des Staatsterrors, viele sind aber vergessen, und mit der Beseitigung ihrer Spuren in der Nachkriegszeit sind diese Schreckensorte auch aus dem allgemeinen Gedächtnis verschwunden.

Im Rahmen eines neuen Projektes des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin sollen als erster Schritt auf dem Weg zu einer Gesamtgeschichte der Konzentrationslager die unmittelbar nach der nationalsozialistischen Machtübernahme eingerichteten frühen KZ untersucht und dargestellt werden. Obwohl die meisten der etwa 100 frühen Konzentrationslager - von den wichtigen Ausnahmen Dachau, Sachsenburg und Lichtenburg abgesehen - nach wenigen Monaten aufgelöst wurden, stellten sie einen wesentlichen Schritt zur Stabilisierung des NS-Regimes dar. In den frühen Lagern wurden die tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Gegner des Regimes, vor allem Sozialdemokraten und Kommunisten, inhaftiert und waren der Willkür von SA, SS, Polizei und Hilfspolizei ausgesetzt. Im Sommer 1933 waren mehr als 26000 Menschen in derartigen Lagern inhaftiert.

Die Realisierung des Projektes erfolgt weitgehend durch die Mitarbeit einschlägig ausgewiesener Forscher, insbesondere durch Autoren von Dissertationen und anderen akademischen Arbeiten, durch Mitarbeiter von KZ-Gedenkstätten, Geschichtswerkstätten und lokaler Initiativen. Sie setzt sich aus Einzeldarstellungen vieler Autoren zusammen. Als Ergebnis des ersten Projektschrittes wird eine Publikation entstehen, die außer der Geschichte des KZ Dachau Beschreibungen der bis 1937 wieder aufgelösten frühen Konzentrationslager im ganzen Deutschen Reich enthalten wird. Eine Konferenz führte im November 2000 im Schloss Schney (Oberfranken) Autoren und weitere Experten zusammen. Die Historiographie der frühen Lager soll einen Beitrag zum Beginn des Staatsterrors und zur Machtdurchsetzung des NS-Regimes leisten. Das Projekt steht unter Leitung von Wolfgang Benz (TU Berlin) und Barbara Distel (KZ-Gedenkstätte Dachau). Koordination und Redaktion: Angelika Königseder (Zentrum für Antisemitismusforschung).

Prof. Dr. Wolfgang Benz


Leserbriefe

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    Januar 2001


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