TU intern - Januar 2001 - Aktuelles
Turbulenzen um Geld und Worte
Verhandlungen über die neuen Hochschulverträge
"Wer nie an die Kosten denkt, ruiniert sein Unternehmen;
wer immer zu früh an die Kosten denkt", so rät
es der Unternehmer Philip Rosenthal, "der tötet jede
Kreativität." Den Berliner Hochschulen wäre eine
finanzielle Ruhepause in dieser so wichtigen Reformzeit gegönnt.
Doch diese Chance haben sie nicht. Das Jahr begann mit Verhandlungen
zu den Hochschulverträgen, die für den Zeitraum von
2003 bis 2005 gelten sollen.
Die bevorstehenden Tarifsteigerungen und die sehr hohen Pensionslasten
potenzieren in den nächsten Jahren die ohnehin schwierige
finanzielle Lage der Berliner Hochschulen und bestimmen die Verhandlungen
mit der Senatsverwaltung von Christoph Stölzl. Allein die
Pensionsleistungen machten sich im vergangenen Jahr mit 137 Millionen
Mark in den Hochschuletats empfindlich bemerkbar. In sieben Jahren
werden sie um weitere 74 Millionen angewachsen sein. Von einer
"fröhlichen Wissenschaft", die der Senator für
Wissenschaft, Forschung und Kultur bei seiner Amtsübernahme
versprach, ist nicht viel geblieben. Die Realität des Geldes
verlangt eine andere Sprache. "Die Staatszuschüsse und
insbesondere die Investitionsmittel der Berliner Hochschulen",
so die einhellige Forderung der Landeskonferenz der Rektoren und
Präsidenten (LKRP) zu den Hochschulverträgen, "müssen
aufgestockt werden." Diese Mehrausgaben müssten von
der Senatsseite finanziert werden, genauso wie die neuen Aufgaben,
die aus der anstehenden Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes
resultieren würden. Laut Hochschulrahmengesetzt müsste
im August 2001 das neue Gesetz greifen. Im November vergangenen
Jahres präsentierte der Senator ein Kernpunktepapier. Die
Berliner SPD pocht auf einen Konsens und fordert die Diskussion.
Seit einigen Tagen liegt ein Entwurf der Novelle den Hochschulen
vor. "Wem", so fragte sich Prof. Dr. Helmut Schmidt,
Sprecher der Fachhochschulen in der LKRP und Präsident der
FH für Technik und Wirtschaft,
"soll die Kopplung der Verhandlungen über die Hochschulverträge
mit den Turbulenzen über die Gesetzesvorlage in der Koalition
eigentlich nutzen?"
Turbulenzen löste auch eine "Kleine Anfrage" im
Abgeordnetenhaus durch den wissenschaftspolitischen Sprecher der
PDS, Benjamin-Immanuel Hoff, aus. Die Antwort machte deutlich,
dass es seit Jahren Quersubventionierungen der Kultur aus dem
Wissenschaftsetat gibt. Diese, so die Reaktion von Stölzl,
würden eingestellt werden. Gleichzeitig wehrte er die Forderung
aus der Berliner Finanzverwaltung ab, entstehende Einnahmen aus
den angedachten Studiengebühren von Langzeitstudierenden
als Heilmittel für den stark gebeutelten Landeshaushalt zu
verwenden.
Stünden nach den jetzt laufenden Verhandlungen über
die Hochschulverträge weiterhin Minuszahlen auf dem Papier,
wäre die Ausfinanzierung der 85000 Studienplätze für
Berlin fraglich. Nach Auffassung des Wissenschaftsrates darf jedoch
diese "Zielzahl" nicht unterschritten werden. Eine weitere
Reduktion wäre für das Land in hohem Maße abträglich,
zumal eine Verringerung um 26 Prozent zwischen 1993 und 2000 bereits
vollzogen wurde, so das Gutachten. Die Politik steht nicht nur
vor dieser von ihr selbst bestellten Expertenmeinung, sondern
muss sich nun auch an ihren eigenen Versprechungen messen lassen.
Es gab nicht wenige Politiker, die oft und gern Forschung und
Hochschule als Aushängeschild für die neue Hauptstadt
umfunktionierten. Die Verhandlungen werden zeigen, ob dieses "Herz
für die Wissenschaft" nun zu einem Feigenblatt degradiert
wird.
Stefanie Terp
Leserbriefe
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