TU intern - Juli 2001 - Vermischtes
Buchtipp
TU intern fragt Menschen in der Uni, was sie empfehlen können.
Heute: Ingeborg Ahlers, Alumni
Die Personen in Haruki Murakamis Erzählungen sprechen so
selbstverständlich meine Sprache, dass ich beim Lesen sogleich
in ihrem Alltag zu Hause war. Ihre Charaktere jedoch sind so ungewöhnlich
und differenziert, ihre Handlungen so erstaunlich und unvorhersehbar,
dass das gerade noch Vertraute eine seltsame, fremde Qualität
erhält. Der Japaner Haruki Murakami (geb. 1949), der lange
in Amerika lebte und viele literarische Auszeichnungen erhielt,
ist einer meiner Lieblingsautoren geworden, seitdem ich seine
Erzählungen "Der Elefant verschwindet" gelesen
habe.
In der Titelgeschichte verschwindet auf geheimnisvolle Weise der
Elefant aus dem städtischen Elefantenhaus eines Tokyoter
Vororts. "Die Eisenfessel, die an einem Bein des Elefanten
angebracht gewesen war, lag verschlossen am Boden, als sei der
Elefant mit seinem Fuß einfach hindurchgeschlüpft."
Und wie man in der Zeitung lesen konnte, war mit dem Elefanten
auch sein Pfleger verschwunden. Lange bevor der Elefant abhanden
kam, hatte es seinetwegen ein behördliches "Elefantenproblem"
gegeben, das, so wie es beschrieben wird, auch in Berlin vorkommen
könnte.
In der Presse werden alle möglichen Varianten des Verschwindens
durchgespielt, aber weder dies, noch eine groß angelegte
Suchaktion führen zum Erfolg. Die einzig mögliche und
vermutlich japanische Lösung des Rätsels findet der
Ich-Erzähler der Geschichte selbst. Sie wird hier natürlich
nicht verraten.
Haruki Murakami: Der Elefant verschwindet, Erzählungen.
(Aus dem Japanischen; Übersetzungen aus dem Englischen sind
nicht so zu empfehlen) rororo, 2000, DM 12,90
Leserbriefe
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