TU intern - Juli 2001 - Alumni

Meinungen aus der Praxis

Christine Klier

Helfen, wenn's brennt

Den Alltag in einer immer komplizierter werdenden Welt zu bewältigen ist gar nicht so leicht. Und manche Menschen kommen ohne Hilfe gar nicht mehr klar - beispielsweise, weil sie schon sehr alt sind, psychische Probleme haben oder eine geistige Behinderung. Dann stellt das Vormundschaftsgericht ihnen einen Berufsbetreuer zur Seite, der für sie Geldangelegenheiten regelt, bei Behördengängen hilft, aber auch wenn nötig die Einwilligung zu einer Operation gibt. Christine Klier ist so eine Berufsbetreuerin.

Seit 1998 ist die heute 38-jährige Magistra der Erziehungswissenschaften in diesem Beruf freiberuflich tätig. Als sie die Schule nach der 10. Klasse beendete, hatte sie noch gar keine Ambitionen zu studieren. Sie begann eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten und arbeitete zunächst in der Obdachlosenstelle des Bezirksamtes Berlin-Kreuzberg. An der Arbeit gefiel ihr, dass sie viel Kontakt mit Menschen hatte. Dann wurde sie zum Jugendamt versetzt und hatte nur noch mit Akten zu tun. Qualifizierungsmöglichkeiten waren auch kaum in Sicht. "Ich dachte damals: Das kann doch nicht alles gewesen sein bis zur Rente", erinnert sich Christine Klier.

Zur TU Berlin kam sie dann 1992 durch eine Zeitungsente. Da war von einem zweijährigen "Frauenstudium" die Rede. Ein Telefonat mit der Studienberatung der TU Berlin klärte den Irrtum auf und zeigte gleichzeitig eine Alternative auf: ein Studium der Erziehungswissenschaften nach Paragraph 11. Wer eine dreijährige Ausbildung absolviert und mindestens vier Jahre in einem fachrelevanten Beruf gearbeitet hat, kann demnach auch ohne Abi studieren.

Ganz leicht war es für Christine Klier nicht, sich für das Studium zu entscheiden. Schließlich hatte sie zu dieser Zeit schon zwei kleine Kinder. "Mein Mann hat mich aber von Anfang an unterstützt", erklärt sie, "das hat mir geholfen."

Besonders angenehm war, dass alle Kommilitonen auch schon Berufserfahrung hatten. Und der Studienplan ließ Spielraum für das Familienleben: "In die Veranstaltungen konnten wir sogar unsere Kinder mitbringen", erinnert sie sich, "das fanden meine immer sehr spannend."

Neben Erziehungswissenschaften studierte Christine Klier noch Psychologie und Soziologie. Um praktische Erfahrungen zu sammeln, arbeitete sie ehrenamtlich in einem Kinderschutzzentrum, bei der Familienpflege der Ufa-Fabrik und bei der Familienhilfe des Bezirksamtes, für die sie auch jetzt noch teilweise tätig ist. Dort lernte sie auch eine freiberufliche Berufsbetreuerin kennen. Damals kam ihr die Idee, sich nach dem Studium selbstständig zu machen.

In Weiterbildungskursen eignete sie sich dann noch das nötige rechtliche Wissen an. Heute betreut sie durchschnittlich 30 Menschen gleichzeitig. Dass sie in ihrem Beruf Wissen aus Ausbildung und Studium nutzen kann, gefällt ihr besonders. "Natürlich ist die Arbeit manchmal auch nicht ganz einfach", sagt sie. "Wenn ich sehe, was für Probleme manche Menschen haben und in welchen Verhältnissen sie leben, kommt mir mein Zuhause oft wie eine Idylle vor und die eigenen Probleme ganz klein." Trotzdem bleibt der Spaß an der Arbeit, weil sie so abwechslungsreich ist, und Christine Klier freut sich, wenn sie Probleme für ihre "Schützlinge" lösen konnte.

Wenn neben Familie und Job noch Zeit bleibt, hat sie immer noch Energie, sich den Problemen von Menschen anzunehmen. Schon seit dem Studium engagiert sie sich im Frauenverband "Courage", der sich auch international für die Rechte von Frauen einsetzt.

Bettina Micka


Leserbriefe

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