TU intern - Juli 2001 - Aktuelles

Sind die Reformen in Gefahr?

Der Kanzler über "Das bisschen Haushalt ..."


Durch das Haushaltsloch wird das Fundament für die Budgetierung wacklig

Das Kuratorium, das grundsätzliche Angelegenheiten der Wirtschafts-, Finanz-, Personalwirtschafts- und Personalverwaltung der TU Berlin entscheidet, hat Ende Juni den Haushalt 2002 in Höhe von 340,1 Mio. Euro gebilligt. Der Jurist Wolfgang Bröker führt als Kanzler der TU Berlin die laufenden Geschäfte der Verwaltung und ist Beauftragter des Haushalts. TU intern befragte ihn zu Haushaltsproblemen und -perspektiven.

Bisher ist absehbar, dass der TU Berlin im Jahr 2002 etwa 28 Millionen Mark im Haushalt fehlen werden. Wird es bei dieser Zahl bleiben?


Wolfgang Bröker
Der Haushalt wird sich noch einmal deutlich verändern. Im September müssen wir Kassensturz machen und schauen, wie viele Stellen im Personalhaushalt eingespart werden konnten. Wir bauen im Moment noch Stellen ab. Deshalb wird das Defizit möglicherweise geringer ausfallen als 28 Millionen Mark. Aber es wird trotzdem noch sehr hoch sein.

Welche Konsequenzen haben die fehlenden Millionen?

Wir stehen - abgesehen von Wiederbesetzungs- und Ausstattungsproblemen - vor der Frage, ob wir unseren geplanten Reformkurs bei der finanziellen Situation der TU Berlin fortsetzen können. Dabei geht es vor allem um die beabsichtigte Übertragung der Finanzhoheit auf die neuen acht Fakultäten. Also eine Dezentralisierung der Mittelverantwortung im Rahmen der Budgetierung. Finanzhoheit heißt hier, dass die Dekane pauschal ein Budget für Sach- und Personalausgaben überwiesen bekommen und damit eigenständig arbeiten. Es wird bis zum Ende des Jahres, d. h. bis zur endgültigen Feststellung des Haushalts, zu prüfen und zu diskutieren sein, ob wir bei einem Defizit von 28 Mio. DM bei den Personalausgaben die Verantwortung auf die Fakultäten übertragen können. Die Lage wird voraussichtlich derartig schwierig werden, dass nur eine zentrale Steuerung der Mittelbewirtschaftung den erforderlichen Sparbeitrag erbringen kann.

Was bedeutet es, wenn die Finanzhoheit nicht übertragen werden kann?

Es bedeutet, dass wir zwar die Sachausgaben, aber nicht die Personalausgaben budgetieren. Das heißt: Wenn in einer Fakultät eine Stelle frei bleibt, kann sie nicht das Geld nutzen, um z. B. einen Computer davon zu kaufen, sondern das schöpfe ich als Sparbeitrag ab, um das Defizit aufzufangen.

Welche Auswirkungen greifen schon heute wegen der Finanzknappheit?

Als Ergebnis des Sparzwangs sind bei uns nur 85 Prozent aller wissenschaftlichen Mitarbeiterstellen besetzt. Auch andere Stellen, z. B. beim technischen oder sonstigen Personal, werden in der Regel nur aus dem Überhang besetzt bzw. für die Wiederbesetzung nicht zugelassen. Hinzu kommt, dass zahlreiche Professoren am Ende ihrer Dienstzeit angelangt sind, und wir müssen entsprechend der beschlossenen, bereits verkleinerten Soll-Struktur viele Fachgebiete neu besetzen. Aktuell sind ca. 70 Professuren nicht besetzt.

Geht man von einer durchschnittlichen Investitionssumme von 500 TDM pro Professur aus, so sind außerordentlich hohe Investitionen zu tätigen, für die wir bisher keine ausreichenden Mittel zur Verfügung haben. Wir hoffen in dieser Hinsicht auf den Abschluss der neuen Hochschulverträge für die Jahre 2003 bis 2005, in denen erhebliche Steigerungen bei den Investitionsmitteln gerade für Berufungen vorgesehen sind. Sollte man diese Lücken nicht adäquat schließen können, dann wird die Qualität von Lehre und Forschung sinken und unsere Attraktivität sowie Wettbewerbsfähigkeit erheblich eingeschränkt werden.

Wie haben sich die Personalkosten in den letzten zehn Jahren entwickelt?

1990 gab es noch 1000 Stellen mehr. Die Personalkosten sind allerdings, z. B. durch Tarifsteigerungen inzwischen enorm gestiegen. Das Verhältnis von Personal- zu Sachkosten liegt momentan bei 80 zu 20. Das ist ungünstig. Gut wäre ein Verhältnis von mindestens 75 zu 25.

Welche Aufgaben sind in nächster Zeit noch vordringlich zu bewältigen?

Die Verwaltungsreform muss zu Ende geführt werden. Dazu müssen wir die Instrumente, die wir zur Steuerung der Budgetierung brauchen, weiter entwickeln. Um zu sehen, wo Kosten entstehen und wo man sie einsparen kann, müssen wir die Kosten-und Leistungsrechnung vorantreiben. Verstärkt soll es in den nächsten Jahren auch um Personalentwicklung gehen. Wir wollen in Zukunft noch serviceorientierter arbeiten. Es wird dazu in Zukunft auch mehr unterstützende Maßnahmen für die einzelnen Mitarbeiter geben, die mit Kunden zu tun haben.

Welche Vorhaben konnten seit Ihrem offiziellen Amtsantritt 1999 bisher schon umgesetzt werden?

Zunächst haben wir die Verwaltungsreform voran getrieben. Wir haben neue Strukturen in der zentralen Universitätsverwaltung und viele neue Gesichter in leitenden Positionen mit neuen Ideen. Im EDV-Bereich konnten wir durch die Etablierung neuer Systeme viel bewegen. Ein Beispiel ist das neue Personalverwaltungssystem in der Personalabteilung. Damit können wir jetzt unsere Personalverwaltung völlig unabhängig vom Landesverwaltungsamt durchführen.

TU-Haushalt: Zahlen und Fakten für die nächsten Jahre

Kosten durch Personalüberhang:
2003 37,5 Mio. DM
2004 34,6 Mio. DM
2005 32,3 Mio. DM

Pensionslasten:
2001 52,3 Mio. DM
2002 54,6 Mio. DM
2003 56,4 Mio. DM
2004 58,4 Mio. DM
2005 60,4 Mio. DM

Zu besetzende Professuren:
(jede Professur wird mit Investitionskosten von 500000 DM veranschlagt. Dazu kommen dann noch Personalmittel). Zurzeit sind bereits 70 Professuren vakant. Es werden noch frei:
2001 17 Soll-Professuren
2002 22 Soll-Professuren
2003 27 Soll-Professuren
2004 19 Soll-Professuren
2005 27 Soll-Professuren

Mehrbedarf für Geräteinvestitionen
(zusätzlich zu den bisherigen ca. 10 Mio. DM):
2002 9,1 Mio. DM
2003 17,9 Mio. DM
2004 23,4 Mio. DM
2005 17,7 Mio. DM

Landeszuschuss für investive Mittel:
2001 21 Mio. DM
2002 21 Mio. DM
2003-2005 je 36 Mio. DM


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