TU intern - Juni 2001 - Forschung
Wenn David auf Goliath trifft
Der beste Schutz im Straßenverkehr ist die Entwicklung kompatibler
Fahrzeugstrukturen - also eine Angleichung bei Gewichten, Abmessungen
und Bauweisen der vierrädrigen Gefährten. Der Trend
geht jedoch genau in die entgegengesetzte Richtung: Inkompatibilitäten
zwischen den Autoklassen nehmen zu - verschärft durch die
Einführung des Drei-Liter-Autos. Im Rahmen des EU-Projekts
"Compatibility" haben Wissenschaftler vom
Institut für
Straßen- und Schienenverkehr der TU Berlin mit den Kooperationspartnern
Peugeot, Citroen, DaimlerChrysler, Rover, Adam Opel, Ford und
Volkswagen nach neuen Sicherheitskriterien und -standards für
eine Fahrzeug-Kompatibilität gesucht.
Bei Kollisionen zwischen ungleich schweren Personenwagen sind
die Insassen des leichteren Wagens vor allem wegen der größeren
Karosseriedeformationen bis hin zum Zusammenbruch der Fahrgastzelle
stärker gefährdet. Bei Kollisionen mit Off-Road-Fahrzeugen
kann es sogar zum "Überfahren" des kleineren Fahrzeugs
kommen.
Um die Kompatibilität von Fahrzeugstrukturen beim Unfall
genauer zu untersuchen, haben die Berliner Wissenschaftler Crash-Tests
zwischen Fahrzeugen verschiedener Hersteller und Massenklassen
durchgeführt. Der Beitrag der TU-Forscher unter Leitung von
Prof. Dr.-Ing. Hermann Appel bestand in Unfallanalysen und rechnergestützten
Simulationen.
Die Wissenschaftler ermittelten, dass die kompatible Fahrzeugauslegung
allein in Deutschland 190 Menschenleben retten könnte. EU-weit
sind es etwa 675.
"Die Unterschiede bei Gewichten, Abmessungen und Bauweisen
unserer PKW sind zwar als gegeben hinzunehmen, doch zum Beispiel
kann die Angleichung von Stoßfänger- und Schwellerhöhen
das Problem der Inkompatibilität bei Seitenkollision abmildern.
Sinnvoll ist auch die Angleichung der Steifigkeiten des Vorderwagens,
damit es bei der Kollision nicht zu einer einseitigen, sondern
einer beidseitigen Energieaufnahme mit verteilten Deformationen
kommt. Im Ergebnis fordern die TU-Wissenschaftler eine kompatible
Fahrzeugauslegung großer wie kleiner Wagen und international
abgestimmte Maßnahmen von Fahrzeugherstellern sowie Gesetzgebern.
Alexander Remler
Leserbriefe
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