TU intern - Juni 2001 - Alumni
Diskussionsrunde
Zukunft der Promovierenden - Promovierende der Zukunft
Endlich die Promotionsurkunde in der Hand? Der Weg zum Doktortitel kann für einige Promovenden jedoch recht kompliziert sein |
Viele stellen sich nach vollendetem Studium die Frage: Promotion
ja oder nein? Dieser Qualifizierungsabschnitt ist häufig
durch Vereinzelung, einen ungeklärten Status und das Fehlen
von Vertretungsstrukturen gekennzeichnet. Rund siebzig Promovierende
diskutierten daher am 9. Mai 2001 in der TU Berlin mit Bildungspolitikern
die Auswirkungen der geplanten Novellierung des Hochschulrahmengesetzes
(HRG) und der Dienstrechtsreform auf die Phase der Promotion.
Eingeladen hatte die Promovierenden-Initiative (PI), eine Interessenvertretung
von Doktorandinnen und Doktoranden, die in den Förderwerken
der Parteien und Kirchen und den beiden Studienstiftungen organisiert
sind. TU-Alumna Christiane Kerlen (Wirtschaftsingenieurwesen)
hat die Diskussionsrunde mit organisiert und moderiert und für
TU intern zusammengefasst.
Alle Bundestagsfraktionen waren durch ihre bildungspolitischen
Sprecherinnen und Sprecher auf dem Podium vertreten: Maritta Böttcher
(PDS), Peter Eckhardt (SPD), Ulrike Flach (FDP), Reinhard Loske
(Bündnis 90/Die Grünen) und Thomas Rachel (CDU) räumten
ein, dass die Promotion bislang bei den Reformvorhaben zu wenig
berücksichtigt worden sei.
Zwar sieht die Novellierung des HRG einen Status für Doktoranden
vor, den es bislang nicht gab, "doch ist dieser kurz und
unkonkret formuliert", erklärte Sebastian Haunss von
der PI. Zur Zeit gibt es vier unterschiedliche Gruppen von Promovierenden:
Angestellte der Hochschulen oder anderer Institutionen, deren
Stellenbeschreibung Forschung und Lehre vorsieht, Beschäftigte
von Universitäten und Forschungseinrichtungen, die ausschließlich
mit ihrer Promotion befasst sind, Stipendiatinnen und Stipendiaten
sowie nebenberuflich oder eigenfinanziert Promovierende. Die Promovierenden-Initiative
begrüßte, dass jetzt erstmals ein eigener Status für
diese Gruppen geschaffen werden soll. Sie plädierte dafür,
Promotionen in einem Beschäftigungsverhältnis durchzuführen
und möglicherweise neben den geplanten Besoldungsgruppen
W1-W3 auch W0 einzuführen. Damit verbinden die Promovierenden
nicht nur sozialrechtliche Vorteile, sondern insbesondere auch
eine bessere Einbindung in die universitären Netzwerke. Durch
die Schaffung eines eigenen Status kann der Zugang zu Ressourcen
verbessert werden. Bibliotheken, Archive, Datenbanken oder seltene
Handschriften sind manchmal nur den jeweiligen Instituts- oder
Universitätsangehörigen zugänglich.
Die Promovierenden-Initiative lehnte die in der Novellierung vorgesehenen
Alters- und Zeitbegrenzungen für die Phase der Promotion
als kontraproduktiv ab. Diese verhinderten die Durchlässigkeit
von Wissenschaft und machten Quereinstiege, zum Beispiel über
den Zweiten Bildungsweg, unmöglich. Die Promovierenden argumentierten,
dass Wissenschaft durch die Beiträge von Personen, die über
ihren akademischen Tellerrand hinaus Erfahrungen sammeln konnten,
gewinne. Da sie immer auch Spiegel der Gesellschaft ist, sollten
alle zur Verfügung stehenden Ressourcen genutzt werden. Auch
Personen mit "ungeraden" Biographien, und hier handelt
es sich besonders häufig um Frauen, leisten wichtige Beiträge
für die Wissenschaft.
Der finanziellen Forderung wurde von den Podiumsteilnehmern wenig
Chancen eingeräumt. Über alle Parteigrenzen hinweg waren
sich die Bildungspolitiker jedoch in ihrer Kritik einig, dass
das Reformvorhaben insgesamt kostenneutral verlaufen soll. Auch
die im Entwurf noch vorhandenen festen Altersgrenzen solle es
so im Gesetzestext nicht mehr geben.
Christiane Kerlen
www.promovierenden-initiative.de
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