TU intern - Mai 2001 - Alumni

100 Aufbaustunden

Können Sie sich vorstellen, an Ihrer Uni zuerst ein wenig aufzuräumen und sauber zu machen, bevor Sie Ihr Studium aufnehmen? Für die Studenten, die nach dem Krieg an der TU Berlin ihr Studium begannen, war das normal. Günther Korluss gehörte zu den ersten Studenten, die an der neu eröffneten TU Berlin 1945 nach 100 Aufräumstunden ihr Studium begonnen haben. Er schrieb dem Alumni-Team einen kurzen Brief über sein "Abenteuer" an der TU Berlin.

"Liebe Freunde der TU!

Ich habe lange überlegt, ob ich mich auf Ihr Schreiben vom 18. 10. 2000 melden sollte. Inzwischen ist weitere Post von Ihnen eingetroffen. So möchte ich doch über meinen "so nicht geplanten" Lebensweg berichten: Ich hatte das große Glück, schon im August 1945 gesund aus russischer Kriegsgefangenschaft nach Teltow heimzukehren. So konnte ich mich schon bald zur Aufnahme meines Studiums an der TU melden. Zunächst aber ging es ans Aufräumen im TU-Gelände! Am 15.10.45 begann meine Arbeit an der Versuchsanstalt für KFZ. Am 25.10. hatte ich 100 Stunden auf meinem Konto! Nun begannen die Vorbereitungskurse für das Studium. Danach kam das Maschinenbaustudium selbst. Ich hatte trotz des weiten Weges von Teltow viel Freude daran! Leider war der Traum bald zu Ende. Es gab nun zwei deutsche Staaten und zwei Währungen. So wurde aus dem Maschinenbauer ein Fachlehrer für Mathematik, Physik und Sport! Alle erforderlichen Prüfungen wurden erfolgreich nachgeholt! Obwohl es einige politische Schwierigkeiten gab, hatte ich viel Freude an der Arbeit mit den Kindern! So war ich fast 40 Jahre an der Grundschule und später Realschule in Teltow tätig! Das also war mein "Abenteuer" an der TU, das so ganz anders endete als es geplant war! Inzwischen bin ich nun schon lange Rentner. Denke aber oft an die Stunden an der TU zurück! Etwas möchte ich noch erzählen: Es wurde während meiner Zeit an der TU bekannt, dass ich mich mit der Reparatur von Uhren auskenne. So wurde an der "TU-Verkaufsstelle" eine Annahmestelle für Uhren eingerichtet, die sich regen Zuspruchs erfreute. Ich wurde sogar für Großuhren-Reparaturen in die Wohnungen Charlottenburger Bürger gebeten!

Allen Mitarbeitern der TU und allen TU-Studenten viel Erfolg im Leben wünscht

Günther Korluss"


Leserbriefe

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