TU intern - Mai 2001 - Lehre & Studium
Learn local, speak global
Deutsche Studenten "erobern" Kuba
Das berühmte Capitol in Kubas Hauptstadt Havanna |
Die Intensivphase der dreisemestrigen Vorbereitung auf einen Aufenthalt
im spanischsprachigen Ausland an der Zentraleinrichtung Moderne Sprachen
der (ZEMS) TU findet nicht immer in Berlin, sondern auch in spanischsprachigen
Ländern auf der ganzen Welt statt: seit 1992 regelmäßig
in Spanien, aber auch in Bolivien und Ecuador. Dieses Jahr nahm
sich die unternehmungslustige Dozentin Cristiana Bohòrquez
Klinger das "trendige" Kuba vor. Schwerpunkte dieser
Exkursion waren die Förderung des Sprachverständnisses
und der Mitteilungsqualität der Studenten, Kennenlernen eines
karibischen Kulturkreises und die interkulturelle Begegnung mit
kubanischen Studenten. Besonders neugierig waren wir Studenten
darauf zu sehen, wie Kommunismus unter karibischer Sonne praktiziert
wird. Dieser Aspekt beflügelte unsere Phantasie:
Unser Auftrag lautete: Sondierung des Gebietes, Spionage und Invasion
der letzten kommunistischen Bastion Kuba, Zeitfaktor: zwei Wochen,
Auftraggeber: ZEMS der TU Berlin, Einheit: Spanisch-Sprachkurs
"Spanisch - Vorbereitung eines Auslandsaufenthaltes III".
Getarnt als eine Horde deutscher Studenten, gaben wir vor, eine
Exkursion auf Kuba zum Zwecke der Verbesserung unserer Spanischkenntnisse
zu unternehmen und an einem interkulturellen Austausch mit kubanischen
Studenten interessiert zu sein. In Kuba angekommen war äußerste
Diskretion geboten. Zum Zwecke der Camouflage verbrachten wir
also die ersten Tage am Strand in Girón in der Hoffnung
auf etwas kubanische Bräune. Erstes Angriffsziel war die
Schweinebucht, die wir - 40 Jahre nach dem missglückten Versuch
der Amerikaner - nun endlich vom Wasser aus tauchenderweise einnehmen
konnten.
Victory im Schneckentempo auf dem Campus der Universidad de la
Habana |
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Krebsrot kamen wir in einem gemieteten Bus an unserer ersten offiziellen
Station, der Universidad en Cienfuegos, an. Dort belehrte uns
der Leiter der Internationalen Beziehungen darüber, dass
das wohlhabende Kuba so genannte "países en vía
de desarrollo" (Länder auf dem Weg der Entwicklung)
nach besten Kräften unterstützt - in diesem Fall in
Form von Stipendien. Wir notierten: Indoktrination per Entwicklungshilfe.
Von dem versprochenen deutsch-kubanischen Austausch jedoch keine
Spur.
Weniger vorbereitet war die Universität der Stadt Matanzas
auf unseren Besuch. Später erfuhren wir, dass Alarmstufe
Rot herrschte: Fidel war auf Kontroll-Besuch in der Stadt, um
die Vorbereitungen zum 40. Jahrestag der abgewehrten Landung in
Girón zu beaufsichtigen.
Als wir wieder einmal mit ausländischen Studenten abgespeist
werden sollten, griff unsere resolute befehlshabende Offizierin,
die sich als unsere Spanisch-Lehrerin getarnt hatte, ein: Bei
einem der zahlreichen Appelle sprach sie kurzerhand einen kubanischen
Studenten an. Alexei war fortan unser ständiger Begleiter
in Matanzas und organisierte uns zu Ehren am Abend eine Party.
Endlich eröffnete sich uns die Gelegenheit, in direkten Kontakt
mit dem Feind zu kommen. Wir brachten Rum und Cola mit, er seine
revolutionären Freunde. Unser Versuch, ihnen die Zunge mit
Hochprozentigem zu lockern und ihnen Staatsgeheimnisse zu entlocken,
schlug fehl, denn sie zogen es vor, nonverbal zu kommunizieren
- und zwar tanzend.
In der Cátedra Humboldt de la Universidad de la Habana
- der Lehrstuhl für Germanistik - mussten wir mit Entsetzen
feststellen, dass der Feind - wahrscheinlich zum Zweck der Spionage
- unsere Sprache erlernte und das gar nicht mal so schlecht.
Um einige Dollar ärmer, dafür aber viele Vokabeln, dem
Salsa-Hüftschwung und jeder Menge E-Mail-Addressen kubanischer
Freunde reicher, lautet das Fazit des Einsatzes: Jederzeit zu
einer erneuten Invasion bereit!
ZEMS-Kubainvasionskommando 2001
Leserbriefe
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