TU intern - Mai 2001 - Aktuelles

Leben oder Sterben

Wer soll entscheiden?

Im April haben die Niederlande als erstes Land die Tötung auf Verlangen gesetzlich geregelt. Ärzte müssen die Fälle an eine Kommission melden, die im Zweifelsfall die Staatsanwaltschaft einschaltet. Das Gesetz ermöglicht auch die Sterbehilfe für Jugendliche ab 16 Jahren ohne Einwilligung der Eltern. Bereits seit 1993 dürfen niederländische Ärzte todkranken Patienten Sterbehilfe leisten, wenn diese ausdrücklich darum gebeten haben und unerträgliche Schmerzen leiden. Die Sterbehilfe war aber bisher der Staatsanwaltschaft zu melden.

In Deutschland ist aktive Sterbehilfe, also die Beschleunigung des Sterbens eines Todkranken, strafbar und gilt als Tötung. Die Reaktionen auf das neue niederländische Gesetz waren hierzulande von offizieller Seite auch überwiegend negativ. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gewis befürworten allerdings 78 Prozent der Deutschen aktive Sterbehilfe. Sollte sie also auch in Deutschland legalisiert werden? TU intern ging auf dem Campus auf Meinungsfang.

Daniel Kemper,
Verkehrswesen,
4. Semester
In Extremfällen sollte man es schon zulassen. Aber es zulassen, nur weil jemand sterben will, finde ich problematisch. Es gibt ja immer Leute, die lieber heute als morgen sterben wollen. Die könnten das auch auf andere Weise erreichen.
Joachim Herrmann,
Jura,
8. Semester
Ich denke, es sind sicher Missbrauchsmöglichkeiten da, aber ich kann mir gleichzeitig viele Situationen vorstellen, wo es für den Leidenden eben der letzte Ausweg sein kann. Es ist also eine sehr zweischneidige Sache. Letztendlich befürworte ich es aber, wenn es gut kontrolliert ist.
Paul Linkner,
Bauingenieurwesen,
2. Semester
Ich lehne es ab, weil es unmenschlich ist. Außerdem bin ich religiös und meiner Meinung nach, sollte man sich nicht ins Leben einmischen. Der Mensch kann nicht bestimmen, ob jemand sterben soll oder nicht. Das macht Gott.
Thomas Müller,
Wirtschaftsingenieurwesen,
6. Semester
Aktive Sterbehilfe befürworte ich eigentlich nicht. Das ist ja fast wie Mord. Außerdem, denke ich, es ist auch gegen die Grundrechte.
Sylvia Ohlmeier,
Architektur (HdK),
6. Semester
Also, ich bin eigentlich dafür. Wenn jemand nicht mehr alleine lebensfähig ist und er sagt, dass er sterben will, oder die Familie weiß, dass es sein Wunsch ist, sollte aktive Sterbehilfe erlaubt sein.
Sören Bettex,
Wirtschaftsingenieurwesen,
2. Semester
Eigentlich halte ich gar nichts davon, weil ich nicht glaube, dass ein Patient selber weit genug einschätzen kann, ob er unheilbar krank ist. Und wenn ihm die Ärzte das sagen, dann sollten sie sich eben bemühen, es trotzdem zu schaffen. Und denen, die schon im Sterben liegen, kann man ja durch passive Sterbehilfe das Sterben erleichtern.
Ulf Petersen,
Wirtschaftsingenieurwesen,
2. Semester
Ich halte nichts davon, weil ich Bedenken hätte, jemandem dafür die Verantwortung zu überlassen. Wer soll entscheiden, ob sich jemand umbringen lassen darf? Der Betroffene selber sollte es nicht entscheiden. Selbstmordkandidaten würde man ja auch versuchen, davon abzuhalten. Und den Arzt entscheiden zu lassen, wer so krank ist, dass er sich umbringen lassen darf, das halte ich für sehr fragwürdig.
Andreas Faustmann,
Lebensmitteltechnologie,
4. Semester
Ich denke, dass es nicht verkehrt wäre - dann wenn Leute so krank sind, dass sie nur leiden, bevor sie einen natürlichen Tod sterben. Aussichtslosen Fällen sollte man also den letzten Weg erleichtern können. Missbrauch ist natürlich nie ausgeschlossen, aber ich denke, dass man dieses Problem weitgehend in den Griff bekommen kann.
Cornelia Faltin,
Chemie (Diplom),
4. Semester
Ich würde es befürworten, weil es jedem Menschen selbst überlassen ist, wann er sterben möchte. Und wenn er noch selbst sagen kann, dass er es nicht länger ertragen will, sollte es machbar sein. Wirkliche Sicherheit vor Missbrauch wird es dabei wohl nicht geben, weil man juristisch gar nicht so genau die Grenzen ziehen kann.


Leserbriefe

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