TU intern - November 2001 - Nobelpreis

Carl Bosch:

„Brot aus Luft“


Das Leben von Nobelpreisträger Carl Bosch ist bisher noch wenig erforscht

Der Name Carl Bosch ist untrennbar verbunden mit der großtechnischen Synthese von Ammoniak. Für dieses von ihm entwickelte Verfahren erhielt er 1931 den Nobelpreis für Chemie.

Bosch war nicht nur ein bedeutender Wissenschaftler, sondern auch Wirtschaftsführer und Wissenschaftspolitiker. Trotzdem ist er bisher nicht eingehender biographisch gewürdigt worden. Neben einigen Nachrufen gibt es eine Biografie in Buchform, die ein BASF-Mitarbeiter 1953 veröffentlicht hat. Diese ist zwar interessant zu lesen, kommt aber nahezu ohne Quellenangaben aus und erinnert vom Stil her teilweise an eine Heiligenlegende.

Eine Dissertation am Institut für Philosophie, Wissenschaftstheorie, Wissenschafts- und Technikgeschichte unter Leitung von Prof. H.-W. Schütt beschäftigt sich nun eingehender mit der Biografie dieses Mannes. Carl Bosch, geboren 1874, studierte von 1894 bis 1896 an der damaligen Technischen Hochschule Charlottenburg Hüttenkunde und Maschinenwesen. Danach ging Bosch nach Leipzig, um Chemie zu studieren. Er legte ein ausgezeichnetes Examen ab und trat 1899 eine Stelle bei der BASF in Ludwigshafen an. Hier vollbrachte er in den Jahren 1908 bis 1910 seine große Leistung: Es gelang ihm, das von Fritz Haber in Karlsruhe im Labormaßstab ausgearbeitete Verfahren zur Synthese von Ammoniak aus Luftsticktoff und Wasserstoff in den großtechnischen Maßstab umzusetzen. Und gerade hierbei kam ihm seine frühere Ausbildung in der Hüttenkunde und dem Maschinenwesen zugute, denn es waren vor allem technische Schwierigkeiten, die bei dieser Reaktion zu überwinden waren, da sie unter hohem Druck und bei hoher Temperatur abläuft.

Ammoniak war zwar kurz darauf während des Ersten Weltkriegs auch ein wichtiger Grundstoff für die Herstellung von Sprengstoffen, noch wichtiger aber war es als Grundlage für die Herstellung von Düngemitteln, weshalb diese Synthese unter dem Schlagwort „Brot aus Luft“ bekannt wurde.

In der Hierarchie der BASF war er schnell aufgestiegen: 1919 wurde er Vorsitzender des Vorstandes, 1925, nach der Vereinigung der großen Chemiefirmen zur I. G. Farbenindustrie, auch deren Vorstandsvorsitzender und 1935 Aufsichtsratsvorsitzender. 1937 wurde er als Nachfolger von Max Planck Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. 1940 starb Bosch.

Bei der Erforschung seiner Biografie hat sich nun aber gezeigt, dass es möglicherweise eine Ursache für die bisherige biografische Vernachlässigung Boschs gibt: Die Quellenlage ist außerordentlich schlecht. Bosch war nicht der Mensch, der lange Memoranden oder umfangreiche Briefe verfasste. Er hatte stets gute Mitarbeiter, auf die er sich verlassen konnte und denen er mündliche Anweisungen erteilte. Dieser Mangel an schriftlichen Hinterlassenschaften wurde durch die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs noch vergrößert. Es gleicht heute manchmal der Suche nach der Nadel im Heuhaufen, in Archiven nach schriftlichen Belegen von Carl Bosch zu suchen. Aber es finden sich letztlich doch viele Mosaiksteine, die hoffentlich zu einem geschlossenen Gesamtbild führen. Die Arbeit an der Dissertation wurde von Juni 1998 bis April 2001 in dankenswerter Weise von der Klaus-Tschira-Stiftung in Heidelberg finanziert. Ebenfalls in Heidelberg gibt es seit 1998 auch ein Carl-Bosch-Museum, das ganz dem Leben und Wirken von Bosch gewidmet ist.

Ralf Hahn,
Promovend am Institut für Philosophie, Wissenschaftstheorie, Wissenschafts- und Technikgeschichte


Leserbriefe

  TU intern -
    November 2001


© 11/2001 TU-Pressestelle