TU intern - November 2001 - Forschung
Urban Eye:
Alles im Blick! - Alles unter Kontrolle?
Kaum ein öffentlicher Platz
ohne das elektronische Auge. Doch sind die Kameras
auch ein effektives Mittel zur Kriminalitätsbekämpfung? |
Seit Ende der sechziger Jahre die ersten Kameras zur Abschreckung
von Ladendieben auf den Markt kamen, hat sich die Videoüberwachung
rapide ausgebreitet. Inzwischen gehört sie zum Alltag: Dem
wachsamen Kameraauge begegnet man z. B. in Banken und Supermärkten,
auf Bahnhöfen und Flughäfen, in öffentlichen Verkehrsmitteln,
Krankenhäusern, Kindergärten und in wachsendem Maße
auch auf öffentlichen Straßen und Plätzen.
Die
Vielfalt der beobachteten Orte spiegelt sich in der Vielfalt der
Systeme wider, die zum Einsatz kommen. Unbewegliche Einzelkameras,
deren Bilder zur vorübergehenden Speicherung von einem Videorecorder
aufgenommen werden, finden sich neben komplexen Netzwerken mit über
hundert hochmodernen Kameras, intelligenter Software und einer 24-Stunden-Beobachtung
in Schichtdiensten.
Während Befürworter die Technologie für ein effektives
Mittel zur Kriminalitätsbekämpfung und einen sinnvollen
Beitrag zur öffentlichen Sicherheit halten, fürchten Gegner
durch einen latenten Anpassungsdruck die Bedrohung demokratischer
Freiheiten.
Dass solche Vereinfachungen dem vielschichtigen Phänomen nicht
gerecht werden, ist die Grundannahme des Forschungsprojektes Urban
Eye: On the Threshold to Urban Panopticon? Analyzing the Employment
of CCTV in European Cities and Assessing its Social and Political
Impacts. Seit dem 1. September 2001 untersucht das Projekt
in Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Norwegen, Österreich,
Spanien und Ungarn, unter welchen institutionellen, sozialen und
technischen Bedingungen Videoüberwachung welche Wirkungen erzielt.
Koordiniert wird das Projekt vom Zentrum Technik und Gesellschaft
der TU Berlin unter Leitung von Prof. Werner Rammert, Dr. Hans-Liudger
Dienel, Leon Hempel und Eric Töpfer.
Die aus Politologen, Kriminologen, Techniksoziologen und Stadtgeographen
bestehende Forschergruppe wird in den sieben europäischen Ländern
und ihren Hauptstädten die rechtlichen Rahmenbedingungen der
Videoüberwachung nachzeichnen, Orte und Akteure identifizieren
sowie die Technik, das Management und die Beobachtungspraktiken
in ausgewählten Systemen studieren. Auf dieser Grundlage sollen
im zweiten Teil des Projektes die Wirkungen von Videoüberwachung
auf kriminelles und alltägliches Verhalten ebenso untersucht
werden wie ihre Bedeutung für Bürgerrechte, Polizeiarbeit
und den Charakter des öffentlichen Raumes. Ziel ist es, abschließend
politische Empfehlungen für den Umgang mit der Technologie
auszusprechen. Im März 2002 sollen die ersten Ergebnisse vorlegen.
Finanziert wird das Projekt mit knapp 1,8 Millionen Mark im Rahmen
der Leitaktion Improving the Socio-Economic Knowledge Base
aus dem 5. Rahmenprogramm der Europäischen Kommission.
Eric Töpfer,
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Zentrum Technik und Gesellschaft
Leserbriefe
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