TU intern - November 2001 - Alumni
Meinungen aus der Praxis
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Robert Golinski
Physiker auf Abwegen
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Am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie auf einen Physiker
zu treffen, ist schon recht ungewöhnlich. Robert Golinski beschäftigt
sich dort allerdings nur noch indirekt mit Naturwissenschaft. Als
Persönlicher Referent des Direktors der Abteilung Immunologie
liegen seine Aufgaben vor allem im Bereich Management. Und dabei
wäre er beinahe Lehrer geworden.
Der heute 42-jährige Golinski wuchs in Rastatt und Karlsruhe
auf. In Karlsruhe studierte er an der Technischen Universität
Physik und Mathematik und legte das Staatsexamen ab. Gleichzeitig
beendete er sein Physikstudium mit dem Diplom. Für Lehrer
standen damals die Chancen auf dem Arbeitsmarkt nicht gut, und ich
wollte mir verschiedene Möglichkeiten offen halten, erklärt
er. Nach dem Studium wollte an eine anderen Universität, um
zu promovieren. Bei Prof. Gerd Koppelmann am Optischen
Institut der TU Berlin fand er ein passendes Promotionsthema.
Von 1986 bis 1991 hatte er dort eine Zweidrittel-Assistentenstelle
mit Lehraufgaben am Institut inne. Damals gab es bis zu 600
Studenten pro Semester in den Praktika der Physik, erinnert
sich Golinski, das bedeutete extrem viel Arbeit. Seine Promotion
über Auflösungsgrenzen in der Vielstrahl-Interferometrie
schloss er 1993 ab.
Nachdem die Stelle am Optischen Institut abgelaufen war, wurde
Robert Golinski Referendar an einem Berliner Gymnasium. Doch dann
stieß er auf eine Ausschreibung, in der das Iwan-Stranski-Institut
des damaligen Fachbereiches Physikalische und Angewandte Chemie
der TU Berlin einen Leiter der Institutsverwaltung suchte. Ich
hatte mir keine großen Hoffnungen gemacht, die Stelle zu bekommen,
aber als ich die Zusage erhielt, ergriff ich diese Riesen-Chance
und ließ das Referendariat dafür sausen, erzählt
er.
An seine Zeit am Iwan-Stranski-Institut erinnert er sich mit einem
lachenden und einem weinenden Auge. Damals begannen die ersten massiven
Personal- und Sachmittelkürzungen. Ich wollte einige
Leute am Institut aus dem Dornröschenschlaf wecken. Manche
waren begeistert, manche haben es mir aber auch sehr übel genommen,
weiß Golinski. Die Institutsleitung hat mich jedoch
immer unterstützt. Begeistert hat ihn am Institut aber
die offene Atmosphäre, der Mut, neue Wege auszuprobieren und
sich mit den unangenehmen Herausforderungen der Hochschulzukunft
frühzeitig zu konfrontieren.
Nachdem seine befristete Stelle nach einer Verlängerung wieder
einmal auslief, wollte er die Umwandlung in eine feste Stelle erreichen.
Obwohl sein Institut und der Fachbereich ihn halten wollten, sahen
sich der Fachbereich und die Universitätsleitung nicht in der
Lage, eine feste Stelle für ihn zu schaffen.
Enttäuscht wechselte Golinski noch vor Ablauf seines Arbeitsvertrages
als Projektleiter in die Abteilung Neue Medien zum Quintessenz-Verlag
Berlin, um dort ein start-up-Unternehmen mit aufzubauen.
2000 ging er dann zum MPI für Infektionsbiologie. Für
seine Arbeit kann er hier sowohl auf seine Erfahrungen am Iwan-Stranski-Institut
zurückgreifen, wenn z. B. Wissen über öffentliches
Haushalten gefragt ist, als auch auf sein know how aus der freien
Wirtschaft.
Manchmal vermisse ich die Physik, erklärt er,
aber im Wissenschaftsmanagement bin ich inzwischen viel besser
aufgehoben, als in der Forschung selbst. Studium und Promotion
betrachtet er heute als Türöffner, lernte
er doch in dieser Zeit Kritikfähigkeit, Problemlösungsstrategien
und Hartnäckigkeit.
Mit der TU Berlin fühlt er sich heute noch verbunden, auch
wenn nicht immer alles positiv verlaufen ist: Wenn mich jemand
nach meiner Uni fragt, sage ich nicht TU Karlsruhe,
sondern TU Berlin.
Bettina Micka
Leserbriefe
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