TU intern - November 2001 - Hochschulpolitik

Kein Misstrauen

Über den Islam ist wenig bekannt

Seit den Terroranschlägen vom 11. September hat sich vieles verändert, vielleicht auch das Verhältnis zwischen Deutschen und Ausländern. In den Medien wird berichtet, dass die Menschen in Deutschland gegenüber arabisch aussehenden Mitbürgern misstrauisch geworden sind, sogar Übergriffe soll es schon gegeben haben. Gibt es dieses Misstrauen auch an der Uni? Diskutieren die Studierenden über die Ereignisse, prallen gegensätzliche Meinungen aufeinander, oder ist alles wie zuvor? TU intern hörte sich auf dem Campus um.

Ana Aguiar,
Doktorandin (Elektrotechnik)
Von Misstrauen habe ich bisher nichts bemerkt. Ich selbst halte mich für ganz gut informiert und habe viel Kontakt mit Ausländern, weil ich in Kreuzberg wohne. Für mich hat sich nichts verändert.
Mehmet Yeni,
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Lichttechnik
Am Anfang gab es eine gewisse Skepsis. Andererseits glaube ich, dass sich durch die Ereignisse die Einstellung gegenüber Ausländern auch positiv bewegt hat, weil man jetzt auf ihre Problematik näher eingeht. Durch die Rasterfahndung haben natürlich auch viele ausländische Studenten ein komisches Gefühl, weil sie nicht wissen, was da im Hintergrund abläuft. Einige Studierende versuchen, die merkwürdige Situation mit Humor zu nehmen.
Christian Eckert,
Chemie (Diplom),
1. Semester
Von Misstrauen ist eigentlich nichts zu merken. Ich selbst habe sowieso kein Problem damit. Auf meiner Schule war der Ausländeranteil 80 Prozent. Darum ist der Kontakt mit ihnen genauso selbstverständlich wie mit Deutschen. Daran hat sich auch jetzt nichts geändert. Über den Islam weiß ich allerdings trotzdem nicht so viel. Um sich wirklich eine Meinung zu bilden, sollte man sich eigentlich schon mehr mit dem Thema beschäftigen.
Name der Redaktion bekannt
Ich habe relativ wenig Kontakt mit ausländischen Studierenden. Allerdings ist mir aufgefallen, dass am Büro des Hochschulsports ein Plakat hängt, dass zu Wachsamkeit gegenüber rassistischen Äußerungen aufruft. Andererseits habe ich vor einigen Tagen gehört, wie islamische Studenten die Terroranschläge in einem Gespräch sehr verharmlost haben. Ich finde, auf solche Äußerungen müsste man eigentlich genauso achten.
Sebastian Dreßler,
Physik (HUB),
12. Semester
Ich finde, dass sich im Verhältnis von deutschen zu ausländischen Studierenden nichts verändert hat. Große Diskussionen - auch mit den arabischen Studenten - gibt es bei uns eigentlich auch nicht. Wir unterhalten uns zwar über die Ereignisse, das beeinflusst aber die zwischenmenschlichen Beziehungen nicht. Als Naturwissenschaftler betrachten wir die Problematik vielleicht auch etwas rationaler. Die Wahrscheinlichkeit, dass man selbst tatsächlich solch einen „Schläfer“ kennt, ist objektiv betrachtet so gering, dass man sich darüber keine Gedanken zu machen braucht. Ich denke allerdings, dass die meisten Menschen über den Islam zu wenig aufgeklärt sind.
Elisabeth Mathisen,
Gaststudentin aus Norwegen,
Germanistik
Die Leute, mit denen ich bisher zu tun hatte, diskutieren nicht über das Thema. Allerdings bin ich erst seit Oktober hier an der Uni und über solche Dinge spricht man ja in der Regel nicht gleich, wenn man jemanden gerade erst kennen lernt. Ich selbst weiß nicht allzu viel über den Islam, aber ich habe in der Schule in Norwegen etwas über diese Religion gelernt. Das finde ich auch sehr wichtig, damit man begreift, dass islamische Menschen nicht automatisch wegen ihres Glaubens auch potenzielle Terroristen sind. Es gibt, soweit ich weiß, im Koran keine Aufforderung oder Rechtfertigung für Terrorismus. Deshalb sehe ich auch wirklich keinen Grund misstrauisch zu sein, nur weil jemand arabischer Herkunft zu sein scheint.
Jan Janßen,
Erziehungswissenschaften und Betriebswirtschaftslehre,
12. bzw. 2. Semester
Ich konnte bisher keine Veränderungen im Verhältnis zwischen deutschen und arabischen Studierenden feststellen. Wir diskutieren allerdings schon darüber. Jedoch diskutieren deutsche und arabische Studenten meist untereinander, auch wenn wir uns dabei nicht bewusst voneinander abgrenzen. Generell meine ich, man müsste noch besser über den Islam Bescheid wissen.
Luka Stoll,
Gender Studies (HUB),
3. Semester
Ich denke, zwischen den Studierenden der verschiedenen Nationalitäten hat sich nichts geändert. Wir diskutieren zwar über das Thema, aber dabei sind meist die deutschen Studierenden unter sich. Misstrauischer bin ich jedenfalls auf keinen Fall. Man müsste sich vielleicht aber noch besser über den Islam informieren, aber vor allem auch über die Globalisierung.

Leserbriefe

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