TU intern - Oktober 2001 - Wahl
Berliner Wissenschaft - Ein Briefwechsel ...
Sehr geehrter Herr Wowereit,
in Ihrer Antrittsrede vor dem Abgeordnetenhaus haben Sie um Vorschläge,
Hinweise und Ratschläge der Berliner gebeten: daher ganz
spontan meine Stellungnahme aus der Sicht eines Berliner Wissenschaftlers.
In den Programmen, Stellungnahmen und Wahlreden Berliner Politiker
- von CDU bis PDS - findet sich dieser Tage an herausragender
Stelle die Förderung und Unterstützung der Berliner
Wissenschaft, die ja eine wesentliche Komponente des Bilds Berlins
in der Welt bildet und bilden soll. Dafür hat die Berliner
Wissenschaft aber Unterstützung nötig, mehr Unterstützung
als bisher:
- Die Berliner Universitäten haben ihre Sparbeiträge
in den Strukturreformen der 90er Jahre voll erbracht - die entsprechenden
Kürzungen und Umstrukturierungen waren extrem und einschneidend,
haben für die Berliner Wissenschaft m. E. eine sinnvolle
und produktive Strukturreform erzwungen, unter der sich alle drei
Hochschulen modern ausgerichtet und besser positioniert haben.
Um die Früchte dieser Positionierung ernten zu können,
ist aber die Planungssicherheit und finanzielle Förderung
der Universitäten extrem wichtig: Wir sind alle bereit, uns
dem internationalen Wettkampf zu stellen, dies geht aber nicht
mit dem Rücken zur Wand, wenn an der Wand immer weiter gekürzt
wird.
- Vielleicht noch wichtiger, hat die Berliner Wissenschaft in
der vergangenen Zeit die politische Rückendeckung nicht gehabt,
die sie gebraucht und verdient hätte. Sowohl unter Radunski
als auch unter Stölzl war das Senatsressort für Kultur
und Wissenschaft jeweils mit einem Kulturpolitiker besetzt, der
sich auf die Kämpfe der Berliner Kulturpolitik konzentriert
und die Wissenschaftspolitik seinen jeweiligen Staatssekretären
überlassen hat, wobei diese Staatssekretäre dann nicht
den Rückhalt hatten, den sie beispielsweise im Berliner Abgeordnetenhaus
gebraucht hätten. Auch in Ihrem jetzt angetretenen Über-gangssenat
wird die Wissenschaft mitvertreten von Frau Goehler, die zumindest
in der Presse (Morgenpost und anderswo) als ''Senatorin für
Kultur'' lief. Meines Erachtens stände es der Stadt Berlin
und ihrer Wissenschaft zu, ganz vorne mit entsprechendem Schwergewicht
und entsprechender Sichtbarkeit zu stehen.
Ich darf darauf verweisen, dass im Haushalt der rot-grünen
Bundesregierung der Wissenschaftsetat der einzige Posten ist,
der (aus sehr sehr guten Gründen) trotz aller notwendigen
Sparbemühungen deutliche Steigerungen erfährt; die Berliner
Wissenschaft kann sich sehen lassen, und stellt sich dem Wettbewerb:
Sie bräuchte aber mehr Unterstützung, Förderung
und Rückendeckung dafür.
Mit freundlichen Grüßen und den besten Wünschen
für einen "guten Start",
Prof. Dr. Günter M. Ziegler
Sehr geehrter Herr Professor Ziegler,
für Ihr Schreiben vom 27. Juni 2001 in Sachen Hochschulnachfolgeverträge
möchte ich Ihnen ganz herzlich danken. Mit Ihnen bin ich
der Überzeugung, dass der erfolgreiche Abschluss der Verträge
in Zeiten engster Haushaltslage ein mehr als deutliches Signal
für die außergewöhnliche Bedeutung von Wissenschaft
und Forschung in unserer Stadt darstellt. Die Verträge bieten
mit den garantierten Finanzaufwüchsen ein gutes Fundament
zur zukunftsgerechten Gestaltung der Berliner Hochschullandschaft.
Insbesondere hinsichtlich der Punkte Nachwuchssicherung und Professorenneubesetzungen
in den nächsten Jahren werden jetzt die erforderlichen Finanzmittel
bereitgestellt, damit Berlin, wie Sie zu Recht betonen, auch im
internationalen Wettbewerb bestehen kann.
Gleichzeitig werden nicht nur die begonnenen Studienreformmaßnahmen
konsequent fortgeführt, sondern auch die Hochschulstrukturreformen
mit klaren Qualitäts- und Leistungsnachweisen vertraglich
eingefordert. Im bundesweiten Vergleich nimmt Berlin mit der den
Verträgen zugrunde liegenden Überzeugung "Finanzsicherheit
für zukunftsgerichtete Reformmaßnahmenu eine eindeutige
Vorreiterstellung ein. Dies ist im Gesamtinteresse der Weiterentwicklung
des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Berlin eine äußerst
ermutigende Tatsache. Für Ihr besonderes Engagement möchte
ich Ihnen nochmals ausdrücklich Dank sagen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit
Leserbriefe
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