TU intern - Oktober 2001 - Alumni

Humanistisches Begleitstudium:

Bei einigen beliebt, von anderen abgelehnt


Angehende Ingenieure sollten zwischen 1948 und 1968 nicht nur Technik vermittelt bekommen

Vielleicht können sich die älteren Mitglieder im TU-Alumni-Programm noch daran erinnern, dass sie vor über einem Jahr Post von uns bekamen mit der Bitte, an einer Umfrage zum Humanistischen Begleitstudium teilzunehmen. Der Doktorand Jürgen Arp bat um die Mithilfe der Alumni, die zwischen 1948 und 1968 an der TU Berlin studiert haben. In seiner Dissertation hat er genauestens die Entwicklung des Humanistischen Studiums an der TU Berlin nachgezeichnet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Zerschlagung des Dritten Reichs war es an der TU Berlin unbestritten, dass eine Bildungsstätte Verantwortung dafür zu übernehmen habe, dass die Studierenden gegen die Einflüsse totalitärer Ideologien "immun" gemacht werden müssen. Durch die Einrichtung des Humanistischen Studiums für die Studierenden der Ingenieur- und Naturwissenschaften sollte auf die jüngste Vergangenheit reagiert werden. Ausserdem gab es noch einen ganz praktischen Grund für die Einführung des Humanistischen Studiums. Es sollte auch dazu dienen, die Studienanfänger, die aufgrund des Krieges zum Teil eine unzureichende Schulbildung aufwiesen, auf ein einheitliches Wissensniveau zu bringen. Aus den Interviews mit den Absolventen der Jahrgänge 1948 bis 1970 gewann Jürgen Arp Erkenntnisse über die Akzeptanz des Humanistischen Studiums innerhalb der Studentenschaft. In den Nachkriegsjahren waren ablehnende und zustimmende Stimmen ausgewogen. Viele der Ehemaligen lassen sich hier in zwei Gruppen aufteilen. Diejenigen, die einen vollständigen Schulabschluss vorweisen konnten und somit häufig älter waren, fühlten sich gebremst. In den sechziger Jahren fand das Begleitstudium überwiegend Zustimmung, was zum einen an dem stark reduzierten Stundenumfang lag. Außerdem hatte man einen neuen Begründungszusammenhang für das Humanistische Studium entwickelt. Der erweiterte Horizont durch die Belegung der humanistischen Fächer wurde als Markenzeichen gewertet, man rühmte sich damit, international orientierte Führungskräfte auszubilden. Viele der interviewten Alumni erinerten sich daran, dass es die Haltung gab, einer Elite anzugehören.

Das Ende für das Humanistische Studium kam 1968 und wurde von zwei unterschiedlichen Gruppen vorangetrieben. Zum einen waren dies diejenigen, die die Studienzeiten im Auge hatten und im Humanistischen Studium einen wesentlichen Grund für die damals deutliche Überschreitungen der Regelstudienzeit sahen. Zum anderen gab es die 68er, die das Humanistische Studium als bildungsbürgerlich abschaffen wollten.

In seiner Dissertation blickt Jürgen Arp auch in die Zukunft und entwickelt ein Konzept, nach dem sich ein "geisteswissenschaftliches Begleitstudium" bzw. eine "punktuelle Integration geisteswissenschaftlicher Inhalte" in das heutige Ingenieurstudium einbauen lassen könnte.

bk

Jürgen Arp, "Das Humanistische Studium für Ingenieure an der TU Berlin von 1948 bis 1968", Mensch & Buch Verlag, Berlin 2001, Signatur in der UB: 8W6327


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