TU intern - Oktober 2001 - Forschung
Nachhaltiges Konsumverhalten:
Bedürfnisse und wie man sie ökologisch befriedigt
Sybille N. hat es eilig: Auf der Arbeit ist es wieder später
geworden, und ihre kleine Tochter wartet schon sehnsüchtig
bei der Tagesmutter. Aber einkaufen muss sie auch noch - schließlich
braucht die Kleine ihr frisches Obst. Wenn sie doch nur eine gute
Fee hätte, die sie regelmäßig mit allem Notwendigen
beliefern würde ...
Mit einer guten Fee können die Wissenschaftler vom Forschungsbereich
Sozial-ökologische Forschung/Feministische Umweltforschung
zwar auch nicht dienen, aber sie wollen sich trotzdem des Problems
von Sybille N. und ähnlich Geplagten auf ihre Weise annehmen.
Im Juli 2001 haben sie unter der Leitung von Dr. Ines Weller die
Arbeit an einem neuen Forschungsprojekt "Nachhaltiges Konsumverhalten
durch ökologische Dienstleistungen und organisierte Gemeinschaftsnutzungen
im großstädtischen Wohnumfeld (Berlin)" begonnen.
Kooperationspartner sind Prof. Dr. Christine Bauhardt (Gender-Planning,
Fakultät VII der TU Berlin) und Prof. Dr. Udo Kuckartz (Empirische
Sozialforschung, Phillips-Universität Marburg) und Mitarbeiter
der Wohnungswirtschaft.
Bei dem Projekt geht es darum, durch verschiedene Angebote, die
Mieter eines Hauses gemeinsam nutzen, den Alltag zu erleichtern.
"Wichtig ist dabei, dass als ökologisch eingeschätzte
Angebote dem Einzelnen nicht mehr Arbeit machen, denn dann werden
solche Lösungen vielleicht auch langfristig von mehr Menschen
als bisher angenommen", weiß Petra van Rüth, Mitarbeiterin
des Forschungsprojekts. Solche Angebote reichen von der gemeinsamen
Nutzung von Lieferdiensten bis zu hausgebundenen organisierten
Gemeinschaftsnutzungen wie z. B. Werkzeugbörsen, über
Car-Sharing bis zur hauseigenen Waschküche. Doch was nützt
die beste Waschküche, wenn alle Mieter im Haus selbst eine
Waschmaschine haben? "Um nicht an den Bedürfnissen der
Mieter vorbeizuplanen, wollen wir Ideen und Konzepte gemeinsam
mit Mietern und den Wohnungsbaugesellschaften dreier Berliner
Wohnanlagen planen und umsetzen", erläutert Petra van
Rüth. Beteiligt sind die Stadt und Land Wohnungsbauten-Gesellschaft
mbH, die Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf mbH und die Berliner
Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG.
Wenn die Angebote schließlich bereitstehen, können
sie die Mieter dem Alltagstest unterziehen. So stellen sie vielleicht
bald fest, dass das "Gemüse-Abo" von den ökologischen
Landwirten aus Brandenburg ihnen zwar prinzipiell gut gefällt,
sie es aber nicht mögen, dass die Lieferung den ganzen Tag
vor ihrer Tür steht, während sie auf der Arbeit sind.
Solche Probleme können sich im Alltagstest schnell herauskristallisieren
und behoben werden. Darüber hinaus wollen die Forscher auch
analysieren, mit welchen ökologischen Entlastungen die umgesetzten
Angebote und Maßnahmen tatsächlich verbunden sind.
Wenn alles nach Plan verläuft, erleichtern solche gemeinschaftlichen
Nutzungsprojekte den Alltag, sparen den Mietern Geld, fördern
die sozialen Kontakte im Haus und sind ökologisch. Auf diese
Weise helfen die TU-Wissenschaftler, gleich mehrere Wünsche
gleichzeitig zu erfüllen. Wer weiß, ob da nicht doch
ein Zauberstab mit im Spiel ist?
bm
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