TU intern - Oktober 2001 - Alumni

Meinungen aus der Praxis

Rolf Lechner

Ein ungewöhnlicher Dirigent

Rolf Lechner ist sehr bodenständig - von Berufs wegen. Der 59-jährige gebürtige Königsberger ist studierter Wirtschaftsingenieur und Immobilienexperte. Im Jahr 2000 hat er seine zweite Firma gegründet.

Eigentlich hatte er vorgehabt, sich zur Ruhe zu setzen, aber schnell erkannt, dass er noch nicht ruhig genug war für den Ruhestand. "Ich habe zwar schon Golfplätze gebaut, spiele aber selbst kein Golf", erklärt er. Auch seine zweite Firma, die "immobilien-experten-ag.", läuft sehr gut. Dabei hatte der Student Rolf Lechner ursprünglich mit der Automobilbranche geliebäugelt.

Den größten Teil seiner Kindheit verbrachte er in Stuttgart. Nach dem Abitur hatte ihm ein Berufsberater zum BWL-Studium geraten. Das war Lechner jedoch zu einseitig. Deshalb entschied er sich für Wirtschaftsingenieurwesen. "Die Kombination aus betriebswirtschaftlichem und technischem Wissen finde ich immer noch sehr sinnvoll und nützlich", resümiert Lechner. Das Fach wurde damals nur an drei Universitäten angeboten. So begann er 1962 sein Studium an der TU Berlin. Hier lernte er bald über einen Kommilitonen einen Volkswirt kennen, der für einen westdeutschen Bauunternehmer eine Filiale in Berlin aufbauen sollte. Seit dem dritten Semester beteiligte sich Rolf Lechner an der Aufbauarbeit. Seine Diplomarbeit schrieb er aber trotzdem über Automotoren.

An der TU Berlin knüpfte er einen weiteren, für seine Zukunft wichtigen Kontakt: Im zweiten Semester lernte er seine spätere Frau Almut, damals Architekturstudentin, kennen, die ihr Diplom an der TU Berlin 1969 erwarb.

Nach seinem Abschluss 1968 stieg der frisch gebackene Wirtschaftsingenieur ganz bei dem westdeutschen Bauunternehmen ein. Auf seiner Position fühlte er sich aber bald unterfordert und machte sich 1969 kurzerhand mit der Konzeption, Durchführung und dem Management von Immobilieninvestitionen selbstständig.

Bereits zwei Jahre später gründete Lechner die BOTAG Bodentreuhand- und Verwaltungs-AG. Zunächst war seine Firma nur in Berlin tätig, später dehnte er die Aktivitäten auch auf Westdeutschland, Europa und schließlich bis in die USA und nach Brasilien aus. "Ich wollte einfach über Mauer und Stacheldraht hinaus tätig sein", sagt Lechner. Nach der Wende konzentrierte er aber seine Kräfte auf Berlin und Brandenburg. "Im Immobiliengewerbe gab es nach dem Mauerfall große Chancen, aber gleichzeitig waren die Risiken unwägbar, denn die öffentlichen Förderungen für Bauvorhaben waren weggefallen", erläutert er. Vor dem Mauerfall wurde beispielsweise der öffentliche Wohnungsbau zu 95 Prozent vom Staat gefördert. Um die finanziellen Risiken abzusichern, suchte er sich ein großes europäisches Immobilienunternehmen als Partner. "Ich fühlte mich aber in der Konzernstruktur nicht wohl - schließlich war ich seit 30 Jahren Mittelständler", erinnert sich Lechner. Also verkaufte er alle Aktien an den Immobilienkonzern und schied Ende 1999 als Vorstandsvorsitzender aus.

Jetzt ist er wieder Vorstandsvorsitzender. Seine zweite Firma hat eine sehr dynamische Struktur: Je nach Bedarf wird ein Team aus Experten gebildet, die jeweils eigenständige Unternehmer sind. "Ich bin also der Dirigent in einem Orchester aus lauter klasse Solisten", sagt Lechner. Während er in seiner ersten Firma überwiegend Privatkunden betreute, gehören jetzt vor allem gewerbliche Unternehmen und Non-Profit-Organisationen zu seinen Kunden, die entweder Immobilieninvestitionen planen und durchführen oder sich von nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften trennen wollen. Außerdem fördert Lechner als "business angel" Jungunternehmer, die sich im Immobilienbereich betätigen wollen.

Und was ist das nächste Ziel des Immobilienexperten? "Petersburg - aber nur als Tourist", versichert er.

Bettina Micka


Leserbriefe

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