TU intern - Oktober 2001 - Lehre &
Studium
Im Verkehr sind TU-Beschäftigte nicht durchschnittlich
Lehrverbund entwickelt Verkehrskonzept für die TU Berlin
- Interesse an Job-Ticket groß
Ein Verkehrskonzept muss her -
jetzt wird zunächst die Situation analysiert |
Studierende finden keinen freien Radbügel und kommen so
zu spät zur Vorlesungen, Dozenten streiten sich um die raren
Parkplätze, Angestellte meckern über schlechtes Busangebot.
So oder so ähnlich stellt sich für viele Mitglieder der
TU Berlin die momentane Verkehrssituation zumindest zu den Stoßzeiten
an den verschiedenen Standorten der Uni dar.
Drei Einrichtungen der Fakultät
V "Verkehrs- und Maschinensysteme" wollen nun auf
Anregung des Umweltschutzbeauftragten des Präsidenten, Thomas
Albrecht, diesem Übel beikommen. Ihr Lösungsansatz: Ein
Integriertes Verkehrskonzept für die TU Berlin. Um das zu entwickeln,
wurde ein Lehrverbund aus dem Fachgebieten Integrierte Verkehrsplanung
sowie Straßenplanung und Straßenbetrieb und dem Verkehrswesenseminar
gebildet. Dieser Verbund koordiniert über drei Semester immerhin
neun Lehrveranstaltungen. wie "Verkehrswesenprojekt",
"Verkehrsmaßnahmen und -auswirkungen", "Wirtschaftsverkehr
oder Planung" und "Bemessung von Straßennetzen".
Ziel ist es, Individualverkehr und öffentlichen Verkehr sinnvoll
und zukunftsorientiert kombiniert, die Abläufe im Wirtschaftsverkehr
umweltverträglich zu gestalten und alle Beteiligten bei der
Planung und Umsetzung mit einzubeziehen. Der Lehrverbund wird vom
Sommersemester 2001 bis Sommersemester 2002 bestehen. In den Lehrveranstaltungen
des vergangenen Semesters wurden Daten zum Berufsverkehr der Mitarbeiter
und zum Wirtschaftsverkehr der TU Berlin ermittelt. Für das
Wintersemester ist eine Studierendenbefragung geplant. In der Lehrveranstaltung
"Verkehrserfassung und -simulation" des Fachgebiets Integrierte
Verkehrsplanung sind eine Parkraumzählung und eine Mitarbeiterbefragung
zum Berufsverkehr (200 Befragte) durchgeführt worden. Das vielleicht
überraschende Ergebnis: Über zwei Drittel (69 Prozent)
der TUMitarbeiter nutzen Verkehrsmittel des Umweltverbundes (Fuß-,
Fahrrad- und öffentlicher Verkehr), um zu ihrem Arbeitsplatz
zu kommen: Mit dem ÖPNV (U-Bahn, S-Bahn, Straßenbahn
und Bus) fahren 48 Prozent zur Arbeit, mit der Bahn (Regionalzüge)
und damit aus dem Umland kommen zwei Prozent. Weitere 19 Prozent
tun aktiv etwas für die Gesundheit und kommen mit dem Fahrrad
(17 Prozent) oder gehen zu Fuß (zwei Prozent). Den Pkw als
Fahrer oder Mitfahrer nutzen 29 Prozent. Das Motorrad ist für
TU-Mitarbeiter kein Kultobjekt - nur zwei Prozent fahren damit.
Damit weicht das Verkehrsverhalten der TU-Mitarbeiter bemerkenswert
vom Durchschnittsberliner ab. Sie benutzen zehn Prozent mehr ÖPNV,
20 Prozent weniger PKW und 10 Prozent mehr Fahrrad. Bei der telefonischen
Befragung wurde das Interesse an einem Jobticket erfragt. Insgesamt
haben 70 Prozent der Mitarbeiter Interesse an der Jobkarte. Allein
von den PKW-Nutzern würden sie 56 Prozent nutzen wollen. Ein
echtes Umsteigepotenzial.
Das Parkplatzangebot im öffentlichen Raum ist großzügig.
Fast 2100 Parkplätze stehen in den untersuchten Straßen
und öffentlichen Parkplätzen rund um die Universität
zur Verfügung. Konflikte lassen sich wenig ausmachen, da es
im Untersuchungsgebiet kaum konkurrierende Gruppen gibt.
Die Erfassungen zum Wirtschaftsverkehr fanden ebenfalls im Rahmen
einer Projektübung in der Lehrveranstaltung Wirtschaftsverkehr
2 am Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung statt. Die Übungsteilnehmer
analysierten zuerst die Struktur des Wirtschaftsverkehrs an der
TU. Dabei sind drei unterschiedliche Akteursgruppen erkannt worden:
wissenschaftliche Einrichtungen (Fachgebiete, wissenschaftliche
Zentraleinrichtungen, An-Institute u. ä.), Zentrale Universitätsverwaltung
und externe Akteure auf dem Gelände der TU (Studentenwerk,
Cafés, Kopierdienste, Reinigungs- und Entsorgungsunternehmen
u. a.).
Während die wissenschaftlichen Einrichtungen per E-Mail-Fragebogen
befragt werden, fanden bei den Anderen mündliche Interviews
statt. Die Fragebogenaktion läuft noch. Die Experteninterviews
zeigen ein differenziertes Bild. Während die meisten externen
Unternehmen ihren Verkehr meist optimal gestalten, weisen Einrichtungen
an der TU Rationalisierungspotenzial auf. So könnten Fahrzeuge
über den Tag besser ausgelastet werden oder Lagermöglichkeiten
eine Bündelung von Bestellungen ermöglichen und damit
Lieferfahrten und Kosten sparen. Im ersten Überblick lassen
sich für die stadtverträglichere Gestaltung des Wirtschaftsverkehrs
Maßnahmen ableiten, die oft in früheren Jahren abgeschafft
wurden (zentrale Bestellung, zentrale Lagerhaltung usw.). Es wird
sicherlich einiges an Überzeugungskraft kosten, hier neben
innovativen neuen auch "gute alte" Instrumente (wieder)
einzuführen. In einer übergreifenden, zwischenbetrieblichen
Zusammenarbeit liegen offensichtlich die meisten Potenziale. Die
Erarbeitung von Konzepten, aufbauend auf den erhobenen Daten, ist
die Aufgabe der Projektübungen im Wintersemester.
Wulf-Holger Arndt,
Hans-Joachim Becker, Anja Hänel
Leserbriefe
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