TU intern - Oktober 2001 - Wahl
Carola Freundl, MdA, Vorsitzende der Fraktion der PDS im Abgeordnetenhaus
1.
Wie sehen Ihre Ziele für die Berliner Hochschulpolitik aus?
Wie beabsichtigen Sie, den Hochschulstandort zu stärken?
Im Mittelpunkt der PDS-Politik stehen Erhaltung und Ausbau des
Wissenschaftspotenzials in der Region Berlin-Brandenburg. Das
heißt, dass die Kooperation zwischen den Wissenschaftseinrichtungen
intensiviert werden muss. Das betrifft sowohl die Beteiligung
an der Lehre seitens des Personals außeruniversitärer
Forschungseinrichtungen als auch Abstimmungen zwischen den Hochschulen
im Lehrangebot und bei Studienplänen, aber auch bei Forschungsprojekten.
Die Verantwortung des Landes wird noch stärker auf rahmensetzende
Steuerungsfunktionen konzentriert werden. Hier gilt es vor allem,
die Bedingungen für die Einwerbung von Drittmitteln, insbesondere
aus der EU, zu verbessern und hier ggf. Koordinationsfunktionen
zu übernehmen. Die Investitionsplanung ist zu überarbeiten
und mit dauerhaft sicheren Zeitplänen und Prioritäten
zu versehen. Berlin muss vom Image des Wortbrechers loskommen
und lernen, Zusagen einzuhalten.
2. Welche Reformmaßnahmen stehen bei Ihnen für diesen
Bereich im Mittelpunkt?
Die Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes steht ebenso wie
die Strukturreform in der Hochschulmedizin im Mittelpunkt der
politischen Konzeption der ersten Hälfte der kommenden Legislaturperiode.
Darüber hinaus soll die Verbesserung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit
in der Technologie- und Innovationspolitik positive Auswirkungen
auf die Hochschulen haben und umgekehrt, denn ohne das erhebliche
Forschungs- und Ausgründungspotenzial der Hochschulen kann
wiederum Technologiepolitik in der Region nicht gedacht werden.
3. Die Hochschulen sind trotz der Hochschulverträge unterausgestattet
und damit kaum wettbewerbsfähig. Treten Sie für zusätzliche
Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen von Sonderprogrammen
ein (z.B. Zukunftsfonds)?
Die Haushaltssituation hat sich durch die Bankenkrise dramatisch
verschärft. Faktisch wurden durch die Krise der Berliner
Bankgesellschaft und die notwendig gewordene Erhöhung der
Neuverschuldung in diesem Jahr die schmerzhaften Sparbemühungen
der vergangenen fünf Jahre zunichte gemacht. Zusätzliche
Finanzierungen werden deshalb fast nur außerhalb des Landeshaushaltes
erreicht werden können. Deshalb streben wir an, die Fähigkeit
der Region zur Teilnahme an Bundeswettbewerben zu verbessern,
da fast ausschließlich darüber millionenschwere Bundesmittel
für Berlin und Brandenburg akquiriert werden können.
Darüber hinaus wollen wir die Wirtschaftsfördermittel
(GA, EFRE) verstärkt in Richtung Wissenschaft, Forschung
und Innovation umlenken, da dies für die ökonomische
Entwicklung der Region am zukunftsträchtigsten ist.
4. Sehen Sie betriebsbedingte Kündigungen als legitimes
Mittel für einen Personalabbau im öffentlichen Dienst
und wenn ja, warum?
Betriebsbedingte Kündigungen sind für uns kein geeignetes
Mittel der Haushaltspolitik. Es sollen nicht diejenigen im öffentlichen
Dienst für Kürzungen herangezogen werden, die oft unter
schlechten Arbeitsbedingungen Dienstleistungen
für Studierende erbringen oder die Infrastruktur der Hochschulen
sichern. Gleichwohl stehen die Auswüchse von Bürokratie
zur Disposition und lassen sich durch verstärkte Verwaltungsstrukturreformen
Kosten senken. Stichworte sind hier: verstärkte Kooperation
der Hochschulen, Ausbau von Serviceeinrichtungen (wie z.B. Druckereien
u.ä.) in Strukturen, die Einnahmen erbringen und Dienstleistungen
nach außen anbieten.
5. Wann wird die Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes
aus Ihrer Sicht abgeschlossen sein und welche Akzente wird Ihre
Partei dort setzen?
Die PDS hat einen eigenständigen Gesetzentwurf zur Novellierung
des Berliner Hochschulgesetzes erarbeitet. Der gegenüber
dem heutigen BerlHG schlankere Gesetzesentwurf orientiert sich
an folgenden Prämissen: Modernisierung der Verwaltung und
staatlichen Steuerung, Demokratisierung der Mitbestimmung bei
rationaler Aufgabenverteilung von Leitungs- und Kollegialorganen,
Stärkung der Organisationsautonomie der Hochschulen und Sicherung
der Gebührenfreiheit.
6. Was würden Sie tun, wenn Sie Universitätspräsident/in
wären?
Mein Programm der ersten Schritte enthielte fünf Punkte:
- Weitere Bemühungen um verstärkte Zusammenarbeit
zwischen Universität und Technologieunternehmen sowohl in
der Region als auch außerhalb sowie Erhöhung der Forschungsqualität
der TU.
- Im Dialog mit den Betroffenen würde ich die Verwaltungsreformbemühungen
an der TU fortsetzen.
- In der Konferenz der Hochschulrektoren Berlins würde
ich mich für eine um ein vielfaches intensivierte Kooperation
der Hochschulen (Fachhochschulen und Universitäten) in Berlin
und Brandenburg einsetzen.
- Gemeinsam mit der Zentralen Frauenbeauftragten und den weiteren
Frauenbeauftragten sowie den durch das Kuratorium geschaffenen
entsprechenden Einrichtungen würde ich ein Programm zur Erhöhung
des Anteils der Frauen an der TU sowohl im Studium als auch in
Lehre und Forschung erarbeiten. Das wäre nicht nur ein weiterer
Baustein zu einem "Center of Excellence", sondern würde
bei der künftigen leistungsabhängigen Finanzierung der
Hochschulen der TU Vorteile verschaffen.
- Ich würde nachdrücklich deutlich machen, dass Studiengebühren
als Finanzierungsinstrument sozial ungerecht sind. Langzeitstudierende
bzw. StudienabbrecherInnen sind eher ein Zeichen für unzureichende
Betreuung an der Hochschule, die demnach verbessert werden müsste.
Ansonsten würde ich um Vorschläge aus der Hochschule bitten, da
ich als Externe auf Beratung angewiesen bin.
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