TU intern - Oktober 2001 - Wahl
Torsten Harmsen, Berliner Zeitung, Bildung und Hochschule
1.
Welche Schwerpunkte würden Sie setzen, wenn Sie zum neuen Kultur-
und Wissenschaftssenator gewählt würden?
Ich würde mich nicht zum Kultur- und Wissenschaftssenator
wählen lassen. Falls es dennoch dazu käme, würde
ich vorher auf eine Trennung bestehen: Wissenschaft und Forschung
brauchen einen eigenen Senator, nicht nur einfach einen Koordinator,
der von einem Feuerwehreinsatz zum anderen rast. Sechzehn Hochschulen
und Dutzende Forschungseinrichtungen lediglich nebenbei zu betreuen
- das geht an den Realitäten Berlins weit vorbei. Eigentlich
bräuchte man einen eigenen politischen Stab dazu, wirkliche
Lobbyarbeit im Abgeordnetenhaus und ständigen Kontakt mit
den Instituten. Man muss öffentlich immer wieder klar machen,
welche Bedeutung etwa die Charité weit über Berlin
hinaus hat, welches Großprojekt Adlershof ist, was Universitäten
wie die TU für die internationale Öffnung Berlins bedeuten
oder wie man mit Neuberufungen von Professoren die geistige Attraktivität
(oder Belanglosigkeit) einer Stadt bestimmen kann.
2. Was wäre Ihre erste Handlung, wenn Sie Präsident
der TU Berlin wären?
Ich würde - bevor ich zum Aktionismus schreite - die ganzen
Aktenordner meines Vorgängers erst mal links liegen lassen.
Begriffe wie Kosteneffizienz, Forschungs-Benchmarks, Budgetierung,
Verwaltungsreform, Dienstleistungspool und Leistungsrechnung hören
sich zwar sehr reformerisch und dynamisch an. Aber an meinem ersten
Tag würde ich erst einmal umherlaufen und schauen: Was gibt
es eigentlich an meiner Universität? Was denken und tun die
Studenten und Professoren? Eins würde ich auf keinen Fall
verpassen: mich beim Airbus-Simulator der TU anzumelden. Am Wochenende
würde sich dann mein ganzes Präsidium ins Cockpit begeben,
um Senkrechtsstarts und Notlandungen zu üben. Das übt
ungemein und stärkt den Teamgeist.
3. Was können aus Ihrer Sicht Medien und Universität
tun, damit nicht nur über Kultur, sondern auch über
die Anliegen aus Wissenschaft und Hochschule diskutiert wird?
Universitäten klagen immer, es werde in den Medien nur über Kultur
diskutiert, nicht aber über Universitäten. Das stimmt
nicht so, schließlich gibt es tägliche Hochschul- und
Wissenschaftsseiten. Dennoch bleibt das öffentliche Bild der
Hochschulen oft blass. Theaterkulissen, Gemälde oder agierende
Schauspieler lassen sich eben besser abbilden als Labore und vorlesende
Professoren. Ein Theaterkrach ist wirkungsvoller als eine Debatte
des Akademischen Senats - bis mal wieder Studenten und Professoren
auf die Straße gehen. Medien und Universitäten sollten
sich mehr verbünden. Wir Journalisten sollten mehr nach dem
Einmaligen und Aufregenden im Uni-Alltag suchen, und die Universität
sollte sich mehr präsentieren. Vielleicht begreift das auch
mancher der Professoren, die noch über die Medien die Nase
rümpfen. Vorbild für öffentliche Wirksamkeit waren
etwa 1999 die Jubiläumsausstellung im Lichthof der TU oder
2000 das "Theatrum" der HU im Gropius-Bau.
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