TU intern - Oktober 2001 - Wahl
Dr. Günter Rexrodt, Fraktionsvorsitzender der FDP im
Abgeordnetenhaus
1.Wie
sehen Ihre Ziele für die Berliner Hochschulpolitik aus? Wie
beabsichtigen Sie, den Hochschulstandort zu stärken?
Die Berliner FDP will das große Potential des Wissenschaftsstandortes
Berlin endlich ausschöpfen und nicht nur davon reden. Das
bedeutet, dass wir zwischen den einzelnen Hochschulen viel stärker
auf die kreativen Kräfte des Wettbewerbs setzen wollen und
die staatliche Hochschulfinanzierung mehr als bislang am Output
in Forschung und Lehre festmachen wollen. Daneben soll es den
Hochschulen einfacher als bislang ermöglicht werden, zusätzliche
Mittel von Dritten einzuwerben und selbst unternehmerisch tätig
zu sein.
2. Welche Reformmaßnahmen stehen bei Ihnen für diesen
Bereich im Mittelpunkt?
Das dringendste Problem ist mit Sicherheit die Finanzierung. Hier
wollen wir eine Priorität für Bildung und Wissenschaft
im Haushalt durchsetzen. Dies wird aber wegen der viel zu geringen
finanziellen Spielräume kaum ausreichend zusätzliches
Geld für den laufenden Betrieb bringen. Aus Privatisierungserlösen
landeseigener Unternehmen wollen wir daher einen Teil für
ein Hochschullehrererneuerungsprogramm abzweigen, weil es sich
hierbei um eine Investition für die Hochschulen handelt,
die für die nächsten 10 bis 20 Jahre prägend sein
wird. Um mehr Flexibilität an den Hochschulen zu schaffen,
wollen wir auch die Rechtsform der Hochschulen überdenken
und hier ein erstes Pilotprojekt starten. Schließlich darf
die Einführung von Studienentgelten nicht weiter tabuisiert
werden. Die Hochschulen müssen wenigstens das Recht bekommen
Entgelte für wettbewerbsfähige Studiengänge zu
erheben. Hierfür wäre es aber Voraussetzung, dass zunächst
ein Darlehensfonds geschaffen wird, der den Studierenden ermöglicht,
diese auch elternunabhängig zu bezahlen. Das Darlehen würde
einkommensabhängig nach dem Studienabschluss wieder zurückgezahlt
werden.
3. Die Hochschulen sind trotz der Hochschulverträge unterausgestattet
und damit kaum wettbewerbsfähig. Treten Sie für zusätzliche
Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen von Sonderprogrammen
ein (z. B. Zukunftsfonds)?
Erstens bezweifle ich, ob die Wettbewerbsfähigkeit einzig
an der mangelnden staatlichen Finanzierung liegt. Es gilt auch,
die weiteren Rahmenbedingungen, innerhalb deren Hochschulen handeln,
zu verändern. Daneben hat die größte Priorität
das bereits erwähnte Hochschullehrererneuerungsprogramm.
Es reicht eben nicht, freiwerdende C4-Professuren durch Juniorprofessoren
zu ersetzen. Darüber hinaus muss man auch die Plünderung
des Innovationsfonds durch die Landesregierung rückgängig
machen und institutionell vor erneuten Raubzügen der Politik
absichern.
4. Sehen Sie betriebsbedingte Kündigungen als legitimes
Mittel für einen Personalabbau im öffentlichen Dienst,
und wenn ja warum?
Natürlich sind betriebsbedingte Kündigungen in bestimmten
Fällen ein legitimes Mittel, doch nicht immer sinnvoll. Die
Mitarbeiter, die man damit abbauen kann, sind häufig die
Leistungsträger der öffentlichen Verwaltung. Viel wichtiger
bei diesem Thema ist, dass die Politik nicht ungedeckte Schecks
auf Kosten anderer ausstellen darf. Die Große Koalition
hat generös betriebsbedingte Kündigungen langfristig
ausgeschlossen und dann den Hochschulen und anderen öffentlichen
Institutionen die Mittel gestrichen. Die Verantwortlichen mussten
dann sehen, wie die Kürzungssummen des Senats umzusetzen
waren, ohne an den Personalkosten ernsthaften Veränderungen
vornehmen zu können. Die FDP schließt daher für
die Hochschulen betriebsbedingte Kündigungen nicht aus, weil
es Sache der Hochschulleitung ist, ob und wie sie mit den finanziellen
Mitteln hinkommt.
5. Wann wird die Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes
aus Ihrer Sicht abgeschlossen sein und welche Akzente wird Ihre
Partei dort setzen?
Zunächst macht es Sinn sich darauf zu konzentrieren, dass
die Novellierung des HRG vernünftig beendet wird. Dann gilt
es, die notwendigen Änderungen im BerlHG vorzunehmen. Ich
würde vermuten, dass dies nicht mehr im nächsten Jahr
zu bewerkstelligen sein wird. Dies mach ggf. eine kleine vorgezogene
Reform wegen der Einführung von Bachelor- und Master-Studiengängen
notwendig. Inhaltlich erscheint es mir besonders wichtig zu sein,
dass die zahlreichen Modelle, die jetzt unter der Experimentierklausel
erprobt werden, auch fortgeführt werden können.
6. Was würden Sie tun, wenn Sie Universitätspräsident/in
wären?
Als erstes würde ich gerne mit der FDP den Wissenschaftssenator stellen,
um dem Präsidenten die Gestaltungsspielräume zu schaffen,
unter denen mir ein solches Amt Spaß machen würde. Wenn
ich dann Präsident einer Stiftungsuniversität wäre,
würde ich versuchen, durch einwerben von Stiftungskapital finanziell
unabhängiger von der Politik zu werden. Ich würde den
Wissenschaftlern starke Anreize geben, unternehmerisch tätig
zu sein. Dies sollen sie ruhig in den Räumen oder dem Umfeld
der Universität tun, aber dafür bekommt die Uni einen
bestimmten Anteil am Eigenkapital überschrieben. Die Mittel,
die sich aus dem Beteiligungsmanagement ergeben, würden in
innovative Forschungsfelder und neue Studiengänge fließen.
zurück zur Übersicht
Leserbriefe
|