Buchtipp

TU intern fragt Menschen in der Uni, was sie empfehlen können. Gisela Seiffert-Tomsic, Frauenbeauftragte der Zentralen Universitätsverwaltung

"Leibhaftig", ein altmodisches Wort. Doch Christa Wolf spielt damit in ihrem neuen Buch. Geht es doch tatsächlich ganz vordergründig um ihren Leib. Adrienne Goehler sprach ihre Rezension in Radio Kultur so sehr einfühlsam, dass ich mir sofort ein druckfrisches Buch besorgen musste. Ich bin dann darin eingetaucht, mit Christa Wolfs Stimme im Kopf, die mich Satz für Satz begleitete.

Sie, auf den Tod erkrankt, erzählt von sich selbst und über sich. Manchmal wechselt sie sogar innerhalb eines Satzes vom "ich" zum "sie". Irgendwann dachte ich, ich hätte die Idee der veränderten Perspektive ergründet. Doch dem ist nicht so. Aber ist es wichtig? Ich begleite sie auf ihrem Weg ins Krankenhaus, dann durch Gänge, die sie in Untersuchungsräume, in Durchgänge, Übergänge führten oder ganz woandershin, wohin ihre quälenden Fieberphantasien, die assoziativen Erinnerungen sie drängten. Sie ist ohne Kraft, ihr Immunsystem ist zusammengebrochen. Sie entschließt sich zu leben, sie wird gesund. Ich komme nicht umhin, jetzt, im Jahre 2002, ihre Erzählung auch als Allegorie auf die lange Agonie der DDR zu lesen.

Christa Wolf: Leibhaftig, Luchterhand 2002, ISBN 3-630-87112-7


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