Mit den Händen sprechen - mit den Augen hören

Erste Studienberatung für Gehörlose in Berlin jetzt an der TU

Gehörlose Studierende beim Treffen im Café Campus mit Ingo Barth (2. v. r.)

Eine heiße Diskussion tobt im Café Campus. Argumente fliegen hin und her. Geschichten aus dem Alltag werden zum Besten gegeben. Hände gestikulieren temperamentvoll auf und nieder. Allerdings: Hören kann man nichts, außer ab und zu ein glucksendes Lachen. Hier diskutieren gehörlose Studierende auf ihre Art, mithilfe der deutschen Gebärdensprache.

Zum ersten Mal trafen sich im März Gehörlose verschiedener Hochschulen in Berlin und Brandenburg, um ihre Erfahrungen mit Ausbildung und Studium auszutauschen. Organisiert hatte dieses Treffen Ingo Barth, von Geburt an gehörlos, Physikstudent im 11. Semester am Zentrum für Astronomie und Astrophysik der TU Berlin. Ab dem neuen Semester berät er, einmalig in Berlin und Brandenburg, gehörlose und hörbehinderte Studierende, die der deutschen Gebärdensprache mächtig sind. Ingo Barth gibt auch Kurse in deutscher Gebärdensprache und zwar sowohl für hörende als auch für hörbehinderte Menschen. "Natürlich ist die Integration Gehörloser sehr viel einfacher, wenn sie mit Hörenden auch in ihrer Sprache kommunizieren können", sagt Ingo Barth, gedolmetscht von seiner Freundin Tanja Schreiber. Sie ist hörend und studiert Psychologie an der FU Berlin. Aus Neugier hatte sie einen Kurs in Gebärdensprache belegt und dabei Ingo Barth kennen gelernt.

Der Weg zum Studium ist für Hörbehinderte steinig. Nur in Essen können sie die allgemeine Hochschulreife erlangen. Doch beim anschließenden Studium heißt es, erfindungsreich zu sein. "Wir sind auf die Mithilfe von Kommilitonen angewiesen", sagt Ingo Barth. Immerhin zahlt das Studentenwerk in Berlin einen Gebärdendolmetscher, anders als in Brandenburg. Doch es gibt zu wenige davon und nicht jeder oder jede ist Astrophysikspezialist oder Psychologin. "Aufgrund dieser Situation gibt es bislang nicht viele gehörlose Studierende", erklärt Brigitte Lengert, Beauftragte für Studierende mit Behinderungen der TU Berlin. "Wir möchten mit unserem Beratungsangebot erreichen, dass es mehr werden."

Patricia Pätzold

Allgemeine Studienberatung für gehörlose Studierende und Studieninteressierte in DGS: jeden Montag 14 bis 15 Uhr, TU-Hauptgebäude, Raum H 71.
Regelmäßiges Treffen hörbehinderter gebärdensprachkundiger Studierender im Café Campus auf dem TU-Campus

Informationen zu DGS-Kursen:
ingo.barth@web.de,
brigitte.lengert@tu-berlin.de,
Tel.: 314-2 56 07


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