Riesen und Zwerge aus Gas und StaubDas Institut für Astrophysik bildet Sternenforscher für ganz Berlin aus
Wenn Erwin Sedlmayr von Riesen und Zwergen spricht, erzählt er keineswegs Märchen. Und doch bevölkern Rote Riesen, Weiße und Braune Zwerge seine Welt: die Welt der Astrophysik. Prof. Dr. Erwin Sedlmayr ist einer der ganz Großen seines Faches. Er lehrt an der TU Berlin, wie sich Gasmoleküle zu Staubfestkörpern und schließlich zu Planeten und Sternen entwickeln konnten, wie aus Biomolekülen nach und nach Leben im Weltall werden kann.
"Die Astrophysik wendet die Physik auf das Universum an", erklärt der gebürtige Bayer. "Sie enthält aber auch die lange Geschichte der Astronomie, der Naturwissenschaft und Philosophie." 1980 kam Erwin Sedlmayr vom Institut für Theoretische Astrophysik in Heidelberg als Professor nach Berlin. Mit seinen Kollegen Klaus Beuermann und Roland Wielen sagte er schon 1983 voraus, dass im Weltall ringförmige, polyaromatische Kohlenwasserstoffe existieren müssten. Die Wissenschaftswelt winkte ab - kurz bevor sie tatsächlich nachgewiesen wurden. Schon seit Jahren ist Sedlmayr Vorsitzender der ältesten deutschen Wissenschaftsgesellschaft, der Astronomischen Gesellschaft, in der sich heute internationale Mitglieder versammeln. 1995 erhielt er den Ruf auf die C 4-Professur am TU-Institut. Sein Spezialgebiet bildet heute einen Schwerpunkt in der Forschung des Instituts: Wie entstehen aus Molekülen Festkörper, Sternenstaub und dann Sterne? Astrochemie und Biomoleküle spielen hier eine Rolle sowie letztlich die Frage nach dem Leben im Weltall. "Ganz wichtig ist aber auch zum Beispiel unsere DFG-Forschung zu Braunen Zwergen, dem erst Anfang der Neunzigerjahre entdeckten Bindeglied zwischen Planeten und Sternen", erklärt der Astrophysiker. Das Berliner Astrophysik-Institut ist wissenschaftlich mit den größten existierenden Sternwarten verbunden, zum Beispiel mit der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile. Aus den dort gemachten Beobachtungen werden hier wissenschaftliche Theorien entwickelt. Sedlmayr: "Bei der theoretischen Beschreibung der äußeren Hülle der Braunen Zwerge sind wir vorn mit dabei." Sicher ist sich der Professor, der eigentlich Bauer werden wollte, bevor er als Junge ein Buch über Atomphysik auswendig lernte, dass sein Team weltweit führend bei der Entwicklung von Theorien zur Hüllenbeschreibung von so genannten Roten Riesen ist. Von allen Universitäten kommen Meteorologen, Informatiker, Geophysiker, sogar Bauingenieure, um sich ein bisschen Sternenstaub um die Nase wehen zu lassen. Das TU-Institut ist zuständig für die astrophysikalische Ausbildung in ganz Berlin. "In der Astrophysik fließt die ganze Physik zusammen, eine exzellente, breitgefächerte Ausbildung", schwärmt Sedlmayr, dem man noch heute seine Begeisterung für sein Fach anmerkt. "Die meisten Absolventen kommen nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in Industrie und Verwaltung sehr gut unter." Der engagierte Professor wird Ende April 60 Jahre alt. Patricia Pätzold
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