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Ein Gutscheinheft wäre auch schön

Was reizt Studierende, den ersten Wohnsitz in der Stadt zu nehmen?

Berlin finanziert rund 138000 Studienplätze, auch für Leute, die gar nicht in der Stadt wohnen. Rund 45000 der Berliner Studierenden haben ihr Abitur in anderen Bundesländern erworben, und offiziell wohnen sie dort immer noch. Würden diese jungen Studierenden den ersten Wohnsitz in Berlin anmelden, bekäme die Stadt aus dem Länderfinanzausgleich wenigstens 2900 Euro pro Person, insgesamt über 130 Millionen Euro. Davon wagt man im Senat nicht zu träumen, Zwangsmaßnahmen wurden auch abgelehnt. Doch 20000 Studierende könnte man vielleicht bewegen, so die Idee des Wissenschaftssenators Thomas Flierl, sich umzumelden, wenn man ihnen entsprechende Anreize böte. Summa summarum: immer noch 58 Millionen Euro. Jetzt hat der Senat beschlossen, neu angemeldeten Studierenden einmalig den Gegenwert eines Semestertickets, 110 Euro, auszuzahlen, das erste Mal zum Wintersemester. Auch andere Städte leiden an diesem Dilemma. Manche waren dabei durchaus schon erfindungsreich: Freifahrscheine, erstattete Semestergebühren, Mietzuschüsse. Was könnte Studierende bewegen, sich in Berlin anzumelden? TU intern fragte nach.

Sebastian Maaß aus Mecklenburg-Vorpommern studiert Energie- und Verfahrenstechnik an der TU Berlin

Ich habe meinen ersten Wohnsitz nicht hier angemeldet. Ich bin Lokalpatriot und werde ihn auch weiterhin in meiner Heimat belassen. Es gibt keine materiellen Anreize, die mich bewegen könnten, mich umzumelden. Die Arbeitslosigkeit in Mecklenburg-Vorpommern ist so hoch. Die brauchen das Geld dringender.

Christof Hartkopf studiert Operngesang an der UdK Berlin

Ich habe meinen ersten Wohnsitz hier in Berlin angemeldet, eigentlich komme ich aus Bayern. Ich glaube, es ist auch eine Frage, inwieweit man sein Leben ordnen will. Ehrlich gesagt glaube ich, dass das nichts mit finanziellen Anreizen zu tun hat. Im Gegenteil, ich finde die Praxis sowieso ein bisschen fragwürdig, sich als Bundesland auf diese Weise Geld zu verschaffen. Ich denke, das sollte woanders herkommen.

Mirjam Struppek studiert Raum- und Umweltplanung in Kaiserslautern

Ich habe mir hier an der TU Berlin einen Zweitbetreuer gesucht, bei dem ich meine Diplomarbeit schreiben kann. In Kaiserslautern werde ich weiter betreut. Berlin ist natürlich erheblich spannender als Kaiserslautern. Dort kann man tatsächlich nicht viel mehr machen, als zu studieren. Besondere Anreize gibt es dort meines Wissens nicht. Allerdings versucht die Stadt, Studierende anzuwerben. Zum Beispiel wurde ein Werbefilm gedreht, der ja auch nicht billig ist, denn die Studierendenzahlen sind rückläufig. Ich möchte nach meiner Diplomarbeit gern in Berlin bleiben, deswegen bin ich auch richtig umgezogen. Geld hat man mir allerdings noch keins angeboten.

Olaf Lemke studiert Luft- und Raumfahrttechnik an der TU Berlin

Ich wohne schon immer in Berlin, und deswegen gibt es die Alternative "anmelden oder nicht anmelden" für mich gar nicht. Wir haben, glaube ich, schon genug Studenten hier. Da muss man nicht auch noch Anreize schaffen. Mit der Situation, ob wir aus finanziellen Gründen Leute zwingen müssen, sich hier anzumelden, damit habe ich mich noch nicht genügend befasst. Dazu bekommt man bislang auch zu wenig Informationen.

Benjamin Hillmer studiert Maschinenbau an der TU Berlin

Also Gutscheine für touristische Attraktionen und Sehenswürdigkeiten könnte ich mir als Anreiz auch gut vorstellen. Neu Zugezogenen allerdings ein Semesterticket zu schenken wäre schon ganz schön unfair gegenüber Leuten, die sowieso hier in Berlin wohnen. Das kann man eigentlich nicht machen.

Claudia Pirsch studiert Germanistik und Geschichte an der TU Berlin

Ja, ich wohne sowieso hier in Berlin, habe natürlich auch meinen ersten Wohnsitz hier. Vielleicht würde ich mich als Berlinerin auch ärgern, wenn andere, die sich von außen hier anmelden, dafür Geld oder ein Semesterticket bekämen, aber ehrlich gesagt habe ich mir noch keine Gedanken über dieses Problem gemacht.

Sonja Kuhnigk studiert Maschinenbau an der TU Berlin

Eine Freundin von mir ist nach Bonn gezogen, und dort hat sie ein Gutscheinheft bekommen. Damit konnte sie umsonst in Museen gehen, eine kleine Stadtrundfahrt und eine Bootsfahrt machen. Das fände ich auch für Berlin attraktiv, denn man könnte Museen besuchen, wo sonst nur Touristen hingehen und die einem als Studentin vielleicht zu teuer sind. Und so ein Gutscheinheft würde einen bestimmt auch zur Anmeldung animieren.


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