TU intern - Februar/März 2002 - Lehre & Studium

ABM-Kräfte in der Forschung - geht das?

„Von soviel Personalkapazität können andere Projekte nur träumen!“

Anspruchsvolle Forschung kann nur von hochspezialisiertem und auch speziell ausgewähltem Personal durchgeführt werden. Insofern verzichten die meisten Universitätsstellen von vornherein auf jeden Versuch, Forschungsvorhaben mit Arbeitsförderungsmaßnahmen zu finanzieren. Vor allem die Kriterien „lange vorausgehende Arbeitslosigkeit“ und „nur beschränkte Auswahlbefugnis der Beschäftigungsstelle“ passen nicht zu den Anforderungen an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Forschungsbereich. Diesem Vorurteil trotzte das Fachgebiet Landschaftsplanung/Landschaftspflege und Naturschutz der TU Berlin. Mit Erfolg, wie der Fachgebietsleiter, Prof. Dr. Hartmut Kenneweg, nach jahrelanger Erfahrung heute feststellt.

Das Experiment zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wagte er erstmals 1996, als er für Forschungsarbeiten zum Thema „Konversion - Integrierter Naturschutz“ ABM-Kräfte einsetzte. Es ging um die Entwicklung von Landschaftspflegekonzepten, zunächst für die großen ehemaligen Truppenübungsplätze in Brandenburg, später auch für das neue „kohärente“ europäische Schutzgebietssystem „Natura 2000“. Das Vorhaben sollte trotz der Restriktionen nachhaltige, anspruchsvolle Naturschutzziele erreichen.

„Nach einer fünfjährigen Laufzeit des Forschungsprogramms haben wir interessante und in der Fachöffentlichkeit viel beachtete Resultate erzielt“, freut sich Professor Kenneweg. Zufrieden zeigt er sich vor allem mit den organisatorischen Erfahrungen und den Erfolgen, was die Weiterqualifikation der ABM-Beschäftigten betrifft. Inwieweit hat nun das Projekt geholfen, diesen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen eine Chance auf Anschlussbeschäftigung im regulären Arbeitsmarkt zu eröffnen?

„Wesentlich ist zunächst, dass diese Maßnahmen dem regulären Arbeitsmarkt keine Konkurrenz eröffnen“, erklärt Hartmut Kenneweg. „Gefördert werden nur Arbeiten, die ohne diese Maßnahmen nicht durchgeführt werden könnten.“ In der Forschung sei diese Bedingung verhältnismäßig leicht erfüllbar. Die Landschaftsplaner stellten zehn wissenschaftliche Mitarbeiter in vier Einzelvorhaben ein, die teilweise mehrjährig verlängert wurden, um eine Kontinuität der Forschung zu erreichen. „Damit stand uns für das Projekt eine Personalkapazität zur Verfügung, von der ein ‚normaler’ Drittmittel-Antragsteller nur träumen kann“, sagt Hartmut Kenneweg, „dafür fehlte eine Sachmittelausstattung völlig, für die das Institut aufkommen musste.“ Die Arbeitsuchenden hatten wohl eine passende Ausbildung absolviert, zumeist fehlten aber fachliche Spezialisierung und Forschungserfahrung, was den Arbeitsfortschritt durchaus verlangsamte. Doch immerhin fanden 70 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleich anschließend eine höherwertige Position in Forschung, Lehre, als Selbstständige oder Verbandsmitarbeiter. Fazit des Fachgebietsleiters Kenneweg: „Dieser Weg bedeutet zwar eine organisatorische Herausforderung in vielerlei Hinsicht, doch es kann sehr lohnend sein, sich auf das Experiment der Forschungsförderung mit Arbeitsmaßnahmen einzulassen.“

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