Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat ihre Entscheidung über
die Forschung mit importierten embryonalen Stammzellen erneut verschoben.
Sie will sich erst nach der Bundestagsentscheidung äußern,
die für den 30. Januar geplant ist. Was hängt für
die Wissenschaft, für die Stadt und das Land und nicht zuletzt
auch für die TU Berlin von diesen Entscheidungen ab? PD Dr.
Roland Lauster, Leiter der Molekularbiologie am Deutschen Rheumaforschungszentrum
Berlin und Gastprofessor der Medizinischen Biotechnologie an der
TU Berlin, nimmt in TU intern Stellung.
Roland
Lauster |
|
Die Erforschung der Differenzierungsmöglichkeiten von embryonalen
Stammzellen (ES) im Labor steht gegenwärtig im Mittelpunkt
der forschungspolitischen und ethischen Diskussion. Der Mensch aus
der Retorte ist die Vision der ablehnenden Fraktion, die Heilung
von Gewebedefekten bei einer Reihe von Erkrankungen die Vision der
Befürworter. Politisch zeichnet sich nun ein Kompromiss
ab, der den Import von embryonalen Stammzellen für eine limitierte
Zahl ausgewählter Labore ermöglichen wird. Daneben wird
es eine Anzahl von Forschungsprogrammen zur Differenzierung adulter,
also aus bereits differenziertem Gewebe gewonnenen, Stammzellen
geben. Was würde eine solche Entscheidung für die Forschung
an der TU Berlin und in der Berliner Forschungslandschaft allgemein
bedeuten?
Auf die Lehre an der TU Berlin hat die Entscheidung sicherlich
keinen Einfluss, da die Daten an embryonalen Stammzellen ja international
publiziert werden, und ich habe solche Daten auch bereits in der
Vorlesung Medizinische Biochemie den Studierenden vorgestellt. In
der Forschung ist es bislang für mich nicht absehbar, dass
an der TU Berlin eine Arbeitsgruppe das Ziel verfolgt, embryonale
Stammzellen zu differenzieren. Ein Effekt wäre hier möglicherweise
erst längerfristig zu erwarten, wenn die Medizinische Biotechnologie
entsprechend ausgebaut werden sollte.
Anders ist die Lage für den Forschungsstandort Berlin zu beurteilen,
an dem solche Zellen sicherlich in einigen Laboren sinnvoll eingesetzt
werden könnten. Direkt betroffen sind die Arbeitsgruppen, die
bislang sehr erfolgreich an embryonalen Stammzellen der Maus geforscht
haben und dies nun auf den Menschen übertragen wollen, sowie
Arbeitsgruppen, die ein etabliertes Transplantationsziel in der
Medizin verfolgen.
Es ist gegenwärtig nicht absehbar, wie groß die Risiken
des Einsatzes dieser Zellen in der Transplantationsmedizin sind,
in welchem Maße zum Beispiel Tumore dabei entstehen können.
Ebenso spekulativ sind die Möglichkeiten des Einsatzes adulter
Stammzellen, da hier erst langsam klar wird, welche Differenzierungskapazitäten
in den schwer zu definierenden Zellpopulationen stecken. Eine Reihe
in letzter Zeit veröffentlichter Daten deutet darauf hin, dass
sich in der Verwendung von Hämatopoetischen Stammzellen
oder Mesenchymalen Stammzellen aus dem Knochenmark oder
von Ektodermalen Stammzellen aus dem Haarfollikel viele
der Effekte erzielen lassen, welche man sich von den Embryonalen
Stammzellen erhofft.
Im Bereich der Regeneration von Nervenzellen liegen bislang die
stärksten Argumente zum klinischen Einsatz der embryonalen
Stammzellen, auch wenn bis hierher noch ein langer Weg von Tierexperimenten
notwendig ist.
Zusammenfassend glaube ich, dass Deutschland in seiner besonderen
historischen Situation mit dem Kompromiss leben kann und kein Forscher
aus diesem Grunde nach Amerika oder Israel auswandern muss. Die
Frage, unter welchen Bedingungen adulte Stammzellen isoliert, vermehrt
und differenziert werden können, stellt für mich wissenschaftlich
eine größere Herausforderung dar als das gegenwärtig
zu beobachtende Nachkochen der Experimente, die zuvor
mit embryonalen Zellen der Maus durchgeführt worden sind.
Mehrere
Wochen hatten Studierende und Mitarbeiter im Dezember
und Januar die Gelegenheit, sich im Lichthof über
den Forschungsschwerpunkt
Biotechnologie an der Technischen Universität
Berlin zu informieren. Diese Ausstellung zeigte mit
Objekten, Fotos und Texten die biotechnologischen Aktivitäten
im Land Berlin und an der TU Berlin, zum Beispiel interessante
Forschungsprojekte auf den Feldern Medizin, Nahrung,
Umwelt, Prozessentwicklung und Bionik. Sie behandelte
die weit zurückreichende Geschichte der Biotechnologie
an der Technischen Universität Berlin, deren Ursprung
im Bereich Lebensmittel-Biotechnologie liegt. Interesse
bei den Studierenden fand vor allem die Darstellung
des Studienganges Biotechnologie, der zusammen mit einer
koreanischen Universität ein deutsch-koreanisches
Dual Degree-Programm mit Abschluss Diplom/Master
anbietet.
tui
|
|