TU intern - Januar 2002 - Alumni

Meinungen aus der Praxis

Stephan Schulze

Wirtschaftingenieure sind Allrounder

Den meisten Berlinern ist die IBB, die Investitionsbank Berlin, vor allem als gute Adresse bekannt, wenn es um Wohnungsbau- und Immobilienförderung geht. Seit 1997 jedoch mischt die IBB über eine Tochtergesellschaft auch erfolgreich im Venture-Capital-Bereich mit. Die IBB Beteiligungsgesellschaft mbH finanziert und berät junge, innovative Technologiefirmen. Unmittelbar nach der Gründung stieg Stephan Schulze dort ein, Wirtschaftsingenieur und TU-Alumnus, heute Senior Investmentmanager und Teamleiter für den Bereich “Factory Automation“.

“In diesem Bereich werden Leute gebraucht, die etwas von Technik verstehen und gleichzeitig kaufmännisch kompetent sind“, sagt der 32-jährige TU-Absolvent. Für höchstens zehn Jahre beteiligt sich die Beteiligungsgesellschaft am Stamm- und Grundkapital junger Technologie-Unternehmen mit einer Minderheitsbeteiligung. Die junge Firma erhält damit dringend benötigtes Kapital für die weitere Expansion und behält trotzdem die Fäden in der Hand. In der Wachstumsphase stehen Stephan Schulze und seine Kollegen dann als Finanzpartner und Berater bereit. “Meist fehlt vor allem das kaufmännische Know-how, wenn es darum geht, Märkte zu erobern und die weitere Expansion zu strukturieren oder gar einen Börsengang und strategische Kooperationen vorzubereiten“, erklärt Stephan Schulze. Auch Neugründungen anderer TU-Absolventen wie die “tw lux Halbleitertechnologien Berlin AG“ oder die “tecneos Software and Engineering GmbH“ gehören zu seinen Kunden.

“Die Kombination Wirtschaft und Technik im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen reizte mich besonders“, erzählt Stephan Schulze. “Schon in der Schule, im Tegeler Humboldt-Gymnasium, habe ich im Wirtschaft-Leistungskurs gelernt, wie spannend Wirtschaft sein kann.“ An der TU genoss er, dass er die Fächerkombination sehr frei wählen und trotzdem alles unter einem Dach studieren konnte. Auch bei den Geisteswissenschaftlern - Philosophie und Psychologie - tat er sich um.

Der geborene Berliner absolvierte diverse Praktika im Maschinenbaubereich, zum Beispiel bei der heutigen Bombardier, wo er auch seine Diplomarbeit schrieb. Während eines weiteren Praktikums bei einer Landesbanktochter hatte er dann erste Berührung mit dem Bereich “Venture Capital“. Dieses Sachgebiet ließ ihn nicht mehr los. Er verdiente sich erste Sporen bei der Projektierung des Phönix-Gründerzentrums von Herlitz-Falkenhöh am Reinickendorfer Borsigturm und kam dann als kaufmännischer Assistent zu einer kleinen Firma, die Elektroautomobile herstellte. “Das war meine interessanteste Lehrzeit“, erinnert sich Stephan Schulze. “Die beiden Geschäftsführer waren reine Techniker und verstanden weniger vom Geschäft. Da konnte ich als Kaufmann wirklich kreativ werden. Als Wirtschaftsingenieur ist man ja Allrounder.“ Leider war der Job wirtschaftlich nicht besonders lukrativ, und da der junge Mann inzwischen auch eine Familiengründung ins Auge fasste, durfte er den Aspekt des Geldverdienens nicht ganz unbeachtet lassen. Da kam es ihm gelegen, dass sich 1997 bei der Gründung der IBB-Beteiligungs GmbH jemand aus dem Venture-Capital-Bereich seiner erinnerte. Engagiert betreut Stephan Schulze seitdem junge Technologiefirmen. Er hat dabei die Höhen und Tiefen des Neuen Marktes hautnah miterlebt. “Die Zeiten des schnellen Geldes an der Börse sind vorbei. Ich rate den jungen Unternehmen, sich auf die alten ökonomischen Tugenden zu besinnen: Wirtschaftliche Unternehmensführung, Gewinne erwirtschaften und reinvestieren. Das geht zwar langsamer, ist aber nachhaltiger.“ Die Familie ist inzwischen auch gegründet. Im Mai erwartet Stephan Schulzes Frau das zweite Kind. Für das Trompeten im Orchester und den Ruderclub bleibt da nur noch wenig Zeit.

Patricia Pätzold


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