TU intern - Januar 2002 - Forschung

Wenn die Bahn nicht mehr quietscht

Schüler und Ingenieure entwickeln gemeinsam leisere Straßenbahn


Mit einer Schallschürze für die Straßenbahn wollen TU-Wissenschaftler die Geräuschentwicklung auf Berlins Straßen senken

Wen stört es nicht, das Rattern und Quietschen der Straßenbahnen, die zum Berliner Stadtbild gehören? Starke Geräusche zu reduzieren ist das Ziel einer Projektgruppe, die ganz besonders zusammengesetzt ist: Schüler, Lehrer, Ingenieure beiderlei Geschlechts.

Das Fachgebiet Schienenfahrzeuge der TU Berlin wird zusammen mit der Andreas-Oberschule Berlin und den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG), Unternehmensbereich Straßenbahn, das Vorhaben “Reduktion von Straßenbahngeräuschen“ durchführen. Das Arbeitsziel des Vorhabens ist die Erarbeitung von akustischen Einzelmaßnahmen zur Geräuschreduktion der Straßenbahnen und die Erarbeitung eines akustischen Gesamtkonzepts für eine neu zu beschaffende Straßenbahn. Basis der akustischen Konzeptentwicklung ist eine akustische Innen- und Außengeräuschanalyse verschiedener Straßenbahntypen und einzelner Fahrzeugkomponenten unter besonderer Beachtung der Randbedingungen (Oberbau, Umgebungsbedingungen, etc.) und der Tonhaltigkeit der emittierten Geräusche.

Die akustisch optimierte Auslegung einer Schallschürze im Drehgestellbereich für die Hochflurstraßenbahnfahrzeuge der BVG soll zu einer Geräuschreduktion von etwa 7dB(A) führen.

Gefördert wird dieses Vorhaben durch die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung innerhalb des Förderprogramms “Neue Ingenieurteams“. Insgesamt 82 Wettbewerbsbeiträge waren bei der Stiftung eingegangen. Als mit 13 weiteren Vorhaben das Projekt “Reduktion von Straßenbahngeräuschen“ Anfang November 2001 bewilligt wurde, war die Freude groß. Das Vorhaben erstreckt sich über einen Zeitraum von Dezember 2001 bis November 2003. Schüler und Schülerinnen der Oberstufe sollen in Ingenieur-Arbeiten innerhalb des Forschungsprojekts einbezogen und für ingenieurwissenschaftliche Fragestellungen interessiert werden. Durch die praxisnahe Projektarbeit soll den Schülern die Faszination natur- und ingenieurwissenschaftlicher Forschung nahe gebracht werden. Aus der Andreas-Oberschule wird eine Schülergruppe von etwa 15 Schülern und Schülerinnen aus dem Physikkurs der Oberstufe in das Vorhaben integriert. Den Unterricht führen Günther Marquard, Physiklehrer der Andreas-Oberschule, und die Ingenieurin Dorothea Salz, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Schienenfahrzeuge der TU Berlin, in enger Abstimmung durch. Die BVG ist mit Bernd Rindfleisch aus der Abteilung Fahrzeugtechnik vertreten. Die projektbezogene Kooperation zwischen Hochschule, Schule und Unternehmen bietet eine besondere Chance, neue Formen der Zusammenarbeit zu entwickeln.

Die spezialisierte Aufgabenstellung wird dabei so aufbereitet, dass neben Kenntnissen ingenieurtechnischer Aufgabenbereiche auch fächerübergreifende Aspekte, die in den Randbereichen des eigentlichen Forschungsprojektes liegen, erfasst werden. Die Schüler und Schülerinnen können die Teilnahme an diesem Projekt in Form einer besonderen Lernleistung sogar in das Abitur einbringen. Der Schülergruppe werden unter anderem akustische und fahrzeugtechnische Kenntnisse vermittelt. Diese bereiten sie auf eigene akustische Messungen an verschiedenen Straßenbahntypen vor (Fahrtmessungen und Stillstandsmessungen). Die Auswertung der Messungen wird sowohl mit Hilfe einer Auswertesoftware als auch mit der Hilfestellung der Betreuer erfolgen. Im letzten Halbjahr des Projekts werden die Schüler und Schülerinnen eigene schriftliche Arbeiten zu Themen anfertigen, die sich aus dem Projekt ableiten.

Der Unterricht wird am 11. Februar 2002 mit dem Profilkurs der Andreas-Oberschule mit akustischen und messtechnischen Grundlagen beginnen. Im Frühjahr 2002 sollen die ersten Messungen an Schallschürzen im Drehgestellbereich eines Tatra-Straßenbahntyps (KT4D) der BVG erfolgen.

Dorothea Salz,
wissenschaftliche Mitarbeiterin am
Institut für Land- und Seeverkehr

Unser Verkehr soll leiser werden

Motorisierter Verkehr - ob zu Lande, zu Wasser oder in der Luft - erzeugt Lärm. Schon heute ist nahezu ein Viertel der Bevölkerung Lärmwerten von mehr als 65 Dezibel ausgesetzt, die unter Experten als unzumutbar gelten. Der Forschungsverbund “Leiser Verkehr“, 1999 auf Initiative des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt gegründet, verfolgt das Ziel einer umfassenden Lärmminderung durch technische Maßnahmen und optimierte Verkehrslenkung für alle Verkehrsträger, das heißt Straßen-, Schienen- und Luftverkehr. Dem Verbund “Leiser Verkehr“ gehören Hersteller, Betreiber, Behörden und Forschungsinstitute an. Sprecher des Interdisziplinären Forschungsverbunds Bahntechnik e.V. ist Prof. Dr. Markus Hecht, Leiter des Fachgebiets Schienenfahrzeuge der TU Berlin.

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