Buchtipp

TU intern fragt Menschen in der Uni, was sie empfehlen können. Carina Baganz, Doktorandin am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin

"Als Frau meiner Generation war ich etwas Neues, Ungewöhnliches und Suspektes." Else Kirschner war in der Tat anders, als es die Frauen ihrer Generation waren. Hineingeboren in eine jüdische Geschäftsfamilie Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin, emanzipiert sie sich frühzeitig von ihrem jüdischen Elternhaus und integriert sich in die christliche Kulturszene Berlins. Mit Ehemännern, Affären und drei Kindern weiß Else die Zwanziger Jahre mit ihren Freizügigkeiten für sich zu nutzen. Doch den goldenen Zwanzigern folgen die totalitären Dreißiger. Die zunehmenden Verordnungen gegen die Juden in der Zeit des Nationalsozialismus veranlassen Else nach langem Zögern, Deutschland zu verlassen. Das Exil in Bulgarien, ermöglicht durch eine Scheinehe, bedeutet für sie und ihre Töchter ein Leben voller Entbehrungen und Enttäuschungen. Durch Krankheit gezeichnet kehrt Else nach dem Krieg nach Deutschland zurück, wo sie im Jahre 1949 stirbt.

Angelika Schrobsdorff erzählt die Geschichte ihrer Mutter voller Bewunderung, doch nicht ohne Kritik. Kritik am Verhältnis zu ihren Ehemännern, den Kindern und dem lang anhaltenden "Augen-Verschließen" vor der Gefahr, die in der Zeit des Nationalsozialismus sie als Jüdin und ihre Kinder als "Mischlinge" bedrohte. Angelika Schrobsdorff versteht es, anhand von Briefen, Fotoalben und Erinnerungen, das bewegte Leben ihrer Mutter am Leser noch einmal vorbeiziehen zu lassen.

Angelika Schrobsdorff: "Du bist nicht so wie andre Mütter", dtv, München 2002 (14. Aufl.), 10,- Euro


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