Der Präsident und die Frauenbeauftragte - ein streitbares Verhältnis

Zugegeben: Höchste Priorität hatte die Situation von Frauen an der Technischen Universität für ihren neu gewählten Präsidenten Ewers zunächst nicht. Galt es doch Reformen in Gang zu setzen, die Universität von (vorhandenen oder vermeintlichen) Fesseln zu befreien und sie zukunftsfähig zu gestalten. Dies, so sein Verständnis, wäre "natürlich" geschlechtsneutral. Also verweigerte er mit der gleichen Vehemenz, mit der er seine Reformen voranzutreiben suchte, mir als der Zentralen Frauenbeauftragten Beteiligung und Mitsprache. Dabei ließ er andererseits nie Zweifel daran, dass er von der Qualifikation und Kompetenz von Frauen (nicht nur) in der Wissenschaft zutiefst überzeugt war. Ich denke, dies war einer der typischen Widersprüche des Menschen Ewers.

Es hat einiger Jahre und heftiger Auseinandersetzungen bedurft, um hier eine Veränderung zu erreichen, die dann - und auch das wieder typisch, wie ich meine - nicht darin endete, die Frauenbeauftragten nun machen zu lassen, sondern er dachte mit, machte Vorschläge. Auf der Landeskonferenz der Frauenbeauftragten an Berliner Hochschulen im Jahr 2000 entwickelte er zum Beispiel den Vorschlag eines Gender Statements, das heißt einer Prüfung der Auswirkungen von Entscheidungen und Maßnahmen auf die Geschlechter. Ewers leitete diesen Vorschlag von seinen Erfahrungen in der Umweltpolitik ab und war mit diesem Vorschlag einen großen Schritt in Richtung struktureller Verbesserungen gegangen, die ja dann eine Folge der Prüfung sein müssten. Ebenso weitsichtig sein Vorschlag, im Angesicht der anstehenden Neuberufungen eine Chance für Frauen auf Professuren zu schaffen, indem man gezieltes "Headhunting" einsetze. In einer Veranstaltung mit den damaligen Senatorinnen für Wissenschaft, Forschung und Kultur und der für Arbeit und Frauen im Oktober 2001 äußerte er die Überzeugung, dass mit einer solchen Strategie das Kooptationssystem, mit dem die Rekrutierung des männlichen Nachwuchses funktioniert, unterlaufen werden könnte. Und er hatte darüber hinaus erkannt, welche Rolle ihm als Präsident in diesem Sinne zukam: die Vermittlung einer solchen Politik in die Universität hinein und die Unterstützung derer, die an dieser "Baustelle" arbeiten.

Ich bedaure den Tod von Prof. Ewers zutiefst und ich denke, wir verlieren mit ihm einen Menschen, mit dem man streiten und hoffen konnte.

Heidi Degethoff de Campos,
Frauenbeauftragte der TU Berlin


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