Meinungen aus der Praxis

Heimliche Blicke ausgeschlossen

Die Eye Square GmbH zeigt ihren Kunden, wo Menschen am liebsten hinschauen

Michael Schießls Firma hat sich in der Nähe der Berliner Oberbaumbrücke niedergelassen

Funktioniert eigentlich die teure Werbung? Schauen die Kunden das Logo überhaupt an? Ist der Supermarkt so aufgebaut, das Schaufenster so dekoriert, die Website so gestaltet, dass sie die gewünschte Aufmerksamkeit des Betrachters erringen? Diese und ähnliche existenzielle Fragen seinen Kunden zufrieden stellend zu beantworten, ist der Diplom-Psychologe und TU-Alumnus Michael Schießl angetreten. Zusammen mit einer Partnerin gründete er vor rund drei Jahren die Eye Square GmbH und treibt mit Blickbewegungsmessungen Marktforschung der besonderen Art.

"Unter Psychologen stellt man sich meist Therapeuten vor, ich wollte etwas Angewandtes machen", erzählt der gebürtige Bayer vom Beginn seiner Karriere. Er hatte an der Humboldt-Universität zu Berlin Kulturwissenschaften, Psychologie und Philosophie studiert und wechselte dann an die TU Berlin, um sich bei Prof. Dr. Arnold Upmeyer am Institut für Psychologie und Arbeitswissenschaft mit künstlicher Intelligenz und Statistik zu beschäftigen. Nebenbei studierte er Informatik. Daher verwundert es nicht, dass die Firma Eye Square nicht nur untersucht und analysiert, sondern auch selbst entwickelt. Schießl und seine Mitarbeiter - mehrere TU-Absolventen sind darunter - haben den so genannten "eye square Visualizer 3 D" entwickelt. Diese Software ermöglicht es, Blickbewegungsdaten, die man aus der Untersuchung von Probanden gewonnen hat, in Drei-D-Welten zu visualisieren und auf den Bildschirm zu bringen. Der Kunde, beispielsweise eine Supermarktkette, kann auf dem Bildschirm die Versuchsperson durch den Laden begleiten und genau erkennen, wo sie wie lange hinschaut. Versuchspersonen werden dazu mit einem speziellen Fahrradhelm ausgestattet, auf dem entsprechende Messgeräte installiert sind. Das Blickverhalten von Website- oder Anzeigenbetrachtern wird direkt am Computer erforscht, mit dem so genannten Eye-Tracking-Verfahren: Mit Hilfe von Infrarot-Technik wird zunächst der Blickverlauf der Versuchsperson aufgenommen. Bei der Auswertung entsteht ein Video der betrachteten Seite, auf der Punkte hin und her hüpfen (das Auge des Konsumenten) und Spuren hinterlassen. So wird auch für den Laien unschwer erkennbar, was das Auge des Betrachters magisch anzieht und was er überhaupt nicht beachtet. "Das Versandhaus Quelle war unser erster Kunde", erklärt Michael Schießl stolz. "Aber mittlerweile haben viele namhafte Firmen den Vorteil unserer besonderen Markt- und Imageforschung erkannt: ebay, SAT 1, ProSieben, Ford, die Deutsche Bank und viele andere." Kann denn ein Psychologe überhaupt verkaufen? "Zum Glück habe ich als Tutor bei Professor Upmeyer viel gelernt, denn um so einen Lehrstuhl zu organisieren, braucht man auch viel Managementwissen", antwortet Schießl. "Das kommt in der Tat im Psychologiestudium viel zu kurz, denn immerhin machen sich mehr als 50 Prozent der Psychologen später selbstständig."

Patricia Pätzold

www.eye-square.de


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