Keine Lust auf Informatik?
Gründe für die hohe Abbrecherquote in der Elektrotechnik
und Informatik - Mentorenprogramm wird gut angenommen
Die Erkenntnis, dass sie eher für eine Berufsausbildung geeignet
sind, treibt viele Studierende zum Abbruch ihres Studiums, andere
steigen vorzeitig aus, um mit den bislang an der Uni erworbenen
Kenntnissen ihr Glück auf dem Arbeitsmarkt zu versuchen. Steigend
ist die Anzahl derjenigen Abbrecher, die nebenbei ihren Lebensunterhalt
verdienen müssen und zu wenig Zeit für ihr Studium aufbringen
können. Andere können sich nicht mit dem Studium identifizieren.
Das sind die Hauptergebnisse der jüngsten Studie zum Studienabbruch
des Hochschul-Informations-Systems
(HIS). An der TU Berlin brechen besonders viele Informatiker ihr
Studium ab, nämlich 37 Prozent. Björn Bollensdorff, Student
der Technischen Informatik und Mitglied der Hochschulgruppe "Freitagsrunde
4!", stellt ein paar Gründe und Zahlen aus der Fakultät
IV (Elektrotechnik, Informatik, Technische Informatik) zusammen:
Mangelnde Studienidentifikation scheint zu den Hauptgründen
für den Studienabbruch in der Fakultät zu gehören.
Zwei Drittel der Studienabbrecher der Informatik hatten zu Beginn
ihres Studiums falsche Vorstellungen vom gewählten Studiengang
sowie von der Hochschule im Allgemeinen. Fehlende mathematische
und naturwissenschaftliche Grundkenntnisse beklagen auch andere
Studiengänge der Fakultät, woraus sich bei den Studierenden
starker Leistungsdruck entwickelt. Viele Studenten sind vom Schwierigkeitsgrad
und der Fülle an Mathematik im Informatikstudium und der typischen
Informatik-Denkweise überrascht. Die schulischen Grundkenntnisse
und vor allem auch das logische Denken reichen vielfach nicht aus.
23 Prozent der Studienabbrecher in der Informatik haben Probleme
mit zu hohen Prüfungsanforderungen. Viele fühlen sich
zu wenig betreut und beraten. Ein viel versprechendes studienbegleitendes
Mentorenprogramm, das die Fakultät IV begonnen hat, haben die
Studierenden inzwischen positiv angenommen.
Die Informatik ist mit jährlich 300 Studierenden zu 50 Prozent
überbelegt, was die persönliche Betreuung der Studierenden
erschwert. Für weitere Überbelegung sorgen in den Grundstudiumsveranstaltungen
auch Studierende anderer Fächer (Technische Informatiker, Wirtschaftsingenieure).
Viele Vorlesungen, auch die des Grundstudiums, werden nicht jedes
Semester gehalten, sodass lange Wartezeiten entstehen, falls man
durch die Prüfung gefallen ist und die Veranstaltung noch einmal
hören möchte. Das führt bei 44 Prozent der Informatikabbrecher
bereits in den ersten beiden Semestern zur Beendigung des Studiums.
Weiterhin interessant: Über 70 Prozent der Vordiplomanden im
Sommersemester 2002 waren mindestens im sechsten Fachsemester -
das Vordiplom ist bereits nach dem vierten vorgesehen.
Über 70 Prozent der Informatikabsolventen im Sommersemester
2002 waren mindestens im zwölften Fachsemester, rund 33 Prozent
studierten sogar mehr als 14 Fachsemester an der TU Berlin. In den
anderen Studiengängen sieht es ähnlich aus. Die Regelstudienzeit
von neun bis zehn Semestern wird für die drei Studiengänge
also nur selten eingehalten.
Da die in der Fakultät IV vertretenen Studiengänge zu
den gefragten Ingenieur- und IT-Berufen zählen, arbeiten viele
nebenbei und dies auch auf hohem Niveau, sodass es durchaus zu Abwerbungen
während des Studiums kommt. Leider sind einige auch nur wegen
diverser Vergünstigungen immatrikuliert (BVG, Kindergeld, Krankenversicherung).
Die Einführung eines NCs soll dieses Problem lösen. Ob
dies der richtige Weg ist, bleibt allerdings fraglich.
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