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Nr. 4, April 2003
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Stadtstaaten sind für große Reformen besonders geeignet

Hamburger Expertenkommission legte Empfehlungen zur Umstrukturierung der Hochschulen vor

Klaus von Dohnanyi

Ein Schock für Hamburg: Im CHE-Ranking von 2002 war die vornehme Hansestadt unter den 16 Bundesländern das Schlusslicht. Doch Trübsalblasen ist nicht Hamburgs Sache. Elf hochkarätige Experten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft setzten sich zusammen und berieten die desolate Situation der städtischen Hochschullandschaft. Unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundesbildungsministers und Hamburger Bürgermeisters Dr. Klaus von Dohnanyi brachten sie ein 122 Seiten langes Papier zustande, das die Hochschulen Hamburgs vollständig umkrempeln soll: Schlanker, effektiver, moderner. Und das zum gleichen Preis. Denn auch Hamburg hat nichts zu verschenken. Es gibt für die Universitäten und Fachhochschulen ein bis 2005 zugesichertes Budget. Das soll nicht überschritten werden. Wie das? Grundidee ist ein hochschulübergreifender Neuausrichtungsprozess, der die Weichen stellen soll für ein innovatives, zukunftsorientiertes und vor allem wettbewerbsfähiges Hochschulsystem. Die wesentlichen Punkte: 1. flächendeckende Umstellung auf das Bachelor-/Master-System, um die Betreuungssituation vor allem im Masterstudiengang zu verbessern. 2. Umschichtungen innerhalb der Fächergruppen, orientiert am gesellschaftlichen Bedarf von Rechts-, Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaften zu Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- und Erziehungswissenschaften sowie Medizin. 3. Forschung und Lehre sollen im gesamten Stadtstaat zu 13 etwa gleich großen "schools" mit je einem grundständigen Studium und einem interdisziplinären Forschungsschwerpunkt umorganisiert werden. Eines ist jedenfalls sicher. Die Umsetzung wird in der gesamten Republik mit Spannung beobachtet werden. TU intern fragte Klaus von Dohnanyi, wie Hamburg das schaffen kann. pp

Herr von Dohnanyi, welches sind die Hauptpunkte der Hamburger Empfehlungen?

Das Studium soll klarer in Stufen (Konsekutiv) geordnet werden (Bachelor/ Master); die Betreuung der Studierenden soll im ersten Studienabschnitt um 40 Prozent verbessert werden; die Hochschulen sollen ihre Studierenden selber auswählen; die Zahl der Studienabbrecher soll wesentlich gesenkt werden. Und: Das alles soll im Rahmen bestehender Finanzplanung möglich werden.

Wer entscheidet letztlich über die Durchführung der Ideen, und wie groß sind die Chancen, dass positiv über die Empfehlungen entschieden wird?

Über die Strukturen entscheidet die Politik, über die Inhalte die Universitäten.

Inzwischen hat der Hamburger Wissenschaftssenator, Dr. Jörg Dräger, mit den Hochschulen Gespräche geführt. Wie stehen in Hamburg die Akademischen Senate zu den Ideen?

Diese Frage kann Herr Dräger besser beantworten. Ich höre nichts grundsätzlich Negatives.

Welche Punkte werden am schwierigsten umzusetzen sein?

Schwierig werden sicher die neuen Abgrenzungen zwischen und die Zusammenlegungen von Hochschulen oder Teilen derselben.

Die Orientierung der Ausbildung am gesellschaftlichen Bedarf trägt sicherlich zur Optimierung der finanziellen Investitionen bei. Doch der Bedarf ändert sich oft recht abrupt. Wie können Hochschulen dann noch reagieren? Besteht nicht die Gefahr, dass man nach einem gewissen Zeitraum wieder am Bedarf vorbei "produziert"?

Prognosen über den Bedarf sind immer unsicher. Doch in jeder Stellenplanung, in jeder Berufungsentscheidung steckt immer auch eine Kapazitäts-Bedarfs-Planung. Man muss hier die Offenheit für Veränderungen mit der Bereitschaft zur Entscheidung paaren.

Können Sie sich vorstellen, ein ähnliches Modell auch auf die Berliner Hochschullandschaft mit ihren insgesamt achtzehn Universitäten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen anzuwenden?

Ja, unbedingt. Gerade der Stadtstaat, seine umfassende Kompetenz verbunden mit der regionalen Verdichtung des gesamten Hochschulsystems, ist für große Reformansätze besonders geeignet.

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