"Amüsant, wie schlecht Deutschland über sich denkt"
TU-Absolvent Andreas Bender hat vier Universitäten in drei
Ländern gesehen
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Ob Frankfurt, Cambridge, Dublin
oder Berlin - Fleiß und Fachwissen spiegeln den Erfolg |
Die TU Berlin ist ein guter Platz zum Studieren. Zu diesem Ergebnis
kommt TU-Alumnus Andreas Bender, der im Verlauf seines Studiums
verschiedene Studienorte kennen gelernt hat. Seinen Vergleich hat
er für TU intern aufgeschrieben.
Wo hat mich mein Studium hingeführt? An der TU Berlin habe
ich 1997 mit dem Chemiestudium angefangen. Nach dem Vordiplom im
Sommer 1999 verbrachte ich das Studienjahr 1999/2000 im grünen
Irland, am Trinity
College Dublin. Im folgenden Sommer stand ein Praktikum in einem
StartUp in Hennigsdorf bei Berlin an, bis Frühjahr 2002 die
Diplomprüfungen, wiederum an der TU Berlin. Von April bis Dezember
2002 habe ich an der Goethe-Universität
Frankfurt am Main meine Diplomarbeit geschrieben. Seit Januar
diesen Jahres bin ich nun für drei Jahre in England, im friedlichen
Cambridge, um
hier meine Dissertation anzufertigen.
Wie sieht die TU Berlin im Vergleich mit den anderen Universitäten
aus? Akademisch: gut. In Bezug auf die Ausbildung: guter Wille im
alten Korsett. Was das Umfeld angeht: Das Studium ist, was man selber
draus macht.
Deutsche Unis sind akademisch nicht so schlecht, wie viele glauben.
Es ist mitunter amüsant zu sehen, wie schlecht Deutschland
über sich selbst denkt.
Wohltuend ist der Kontakt zu den Assistenten an der TU Berlin.
Sie kennen das Studium aus naher Vergangenheit und haben oft die
Fähigkeit, das übliche "Kochen" von Verbindungen
durch interessante Details und Humor Gewinn bringend zu gestalten.
Die Distanz, die an der TU Berlin zu Professoren herrscht, ist international
selten - der Betreuer meiner Promotion heißt Professor Robert
Glen. Er heißt aber für seinen Arbeitskreis weder "Professor
Glen" oder "Herr Glen". Auch nicht "Robert".
Sondern ganz einfach "Bobby". Ein respektvolles, aber
trotzdem freundliches, nahes Verhältnis wie dieses kann man
in Deutschland sehr wohl zu seinen Assistenten, aber nur selten
zu seinen Professoren aufbauen.
Vor einigen Jahren wurde an der TU Berlin die feierliche Verleihung
der Diplomarbeiten eingeführt. Es gab natürlich Proteste
von gewissen politischen Gruppierungen ob dieser konservativen Veranstaltung.
Um es ehrlich zu sagen: Diese Veranstaltungen sind nicht konservativ,
sie sind ästhetisch und wohltuend. In Cambridge ist es üblich,
einmal oder mehrmals in der Woche zur "Formal Hall" zu
gehen, im Wesentlichen zu einem Abendessen. Aber zu einem Abendessen
bei Kerzenschein, in einer viele hundert Jahre alten Halle mit Ölgemälden
der Gründer an der Wand und schwarz und weiß gekleideten
Kellnern. Diese Riten dienen der Identifikation mit der Universität
und dem Ort - ich fühle mich hier sehr wohl, und ich denke,
dass ein Hauch davon auch den deutschen Universitäten und damit
der TU Berlin gut tun würde und, wie ich erwarte, auch gut
tun wird.
Andreas Bender
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