Meinungen aus der Praxis Konflikte im Job machen krank - und sind teuerPublic Health-Alumnus Christian Denzin will nicht Symptome kurieren, sondern Ursachen erforschen
Weil soziale Konflikte und deren Lösung Christian Denzin schon immer interessiert haben, arbeitete er schon während des Studiums an der Pädagogischen Fachhochschule "Alice Salomon" ehrenamtlich in der "Schwulenberatung & kursiv e.V.". Als Sozialpädagoge wurde er dann deren Geschäftsführer, machte psychosoziale Beratungs- und Gruppenarbeit, verwaltete den Verein finanziell und vertrat ihn politisch. "Das professionelle Management interessierte mich sehr und lag mir auch", sagt der 38-Jährige rückblickend. "Doch ich hatte die Nase voll davon, immer nur an Symptomen herumzudoktern, ich wollte genauer wissen, wo eigentlich die Ursachen liegen für die Phänomene, die wir in der Sozialberatung bearbeiten." Im Postgraduierten-Studiengang Public Health, auf den ihn ein Fußballkamerad aufmerksam gemacht hatte, wurde genau der multidisziplinäre Ansatz vertreten, der die Chance auf Beantwortung seiner Fragen bot. Mit seiner Ausbildung und der mehrjährigen Berufserfahrung erfüllte er auch die Zugangsvoraussetzungen für den Studiengang. "Es war dann eine ungeheuer privilegierte Lernsituation", sagt der heutige Gesundheitsmanager. "Natürlich, die Anstrengung war erheblich, immerhin war der Studiengang ja berufsbegleitend, das heißt, ein Halbtagsjob musste nebenbei auch noch erledigt werden." Als "privilegiert" empfand er die Tatsache, dass dort Leute aus den verschiedensten Berufen zusammenkamen. Alle hatten Praxiserfahrung, alle hatten den Druck, sich zu finanzieren, entsprechend wenig Zeit und waren hoch motiviert. Gleichzeitig konnten die Studieninhalte unmittelbar in die Praxis mit einfließen. Einige Jahre nach dem Studium habe er jedoch bemerkt, sagt Christian Denzin, wie beschränkt die Perspektiven seiner Einrichtung waren. Als Freier Träger war sie ständig in der Existenz bedroht, hing als Bittsteller immer nur am Tropf der Senatsverwaltung. Er stieg in eine aufstrebende Medien-Agentur ein, die mit Print-, Funk- und Internetprodukten das Thema "Lifestyle/Wellness" verkaufte. Er betreute Chat-Rooms zum Thema. "Es war ungeheuer interessant, aus nächster Nähe Aufstieg und Niedergang so eines Start-ups mitzuerleben", lächelt Denzin. "Für mich als Sozialpädagoge waren vor allem die Veränderungen interessant, die mit den Menschen vorgingen. Die anfängliche Euphorie, die Selbstüberschätzung und dann der Zusammenbruch. Wie in den meisten anderen betroffenen Internet-Start-ups fehlte es nicht an Ideen und an Arbeitsmoral, sondern an kaufmännischem Know-how und geeigneter Logistik. Bei seinem derzeitigen Arbeitgeber, der Deutschen Telekom, werden Zehntausende Stellen abgebaut. Die Inhaber der ausgemusterten Stellen müssen betreut, umgesetzt oder sogar in externe Arbeitsstellen vermittelt werden. Zudem bildet Christian Denzin Führungsqualitäten von Team- und Gruppenleitern aus und kümmert sich um die betriebliche Gesundheitsförderung, vor allem auf dem Gebiet der Konfliktprävention. Hier hat der Arbeitgeber ein besonderes Interesse, treiben ungelöste soziale Konflikte doch den Krankenstand in die Höhe. "Ich bin dankbar für die Einblicke in die Wirtschaft, die mir dieser Job bietet", sagt Christian Denzin. "Für meine berufliche Zukunft sehe ich aber auch noch andere Bereiche, zum Beispiel die Konflikt- und Friedensforschung auf internationaler Basis." Und schon hat der wissbegierige Naturliebhaber einen Vorstoß in diese Richtung gewagt: Zurzeit arbeitet er an einem Weiterbildungslehrgang der Fernuniversität Hagen. Patricia Pätzold
|
||
© TU-Pressestelle 2-3/2003 | TU intern | Impressum | Leserbriefe |