Arbeitsplätze gehen vor - zum Wohl unserer UniversitätProf. Dr. Kurt Kutzler zum Austritt aus den Arbeitgeberverbänden und zur Weitergeltung tarifrechtlicher Vorschriften Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! Nach dem Austritt des Landes Berlin aus den Arbeitgeberverbänden Kommunaler Arbeitgeberverband (KAV Berlin) und Vereinigung der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes Berlin (VadöD) hat der Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur den Kuratorialhochschulen mit Schreiben vom 18. November 2002 empfohlen, dem Beispiel des Landes Berlin zu folgen und aus den Arbeitgeberverbänden auszutreten. Die Präsidenten und Rektoren der Kuratorialhochschulen waren sich in ihren Beratungen in der LKRP-Sitzung am 12. November 2002 einig, dass sie sich trotz rechtlicher Unsicherheit über die Folgen des Austritts des Landes Berlin werden anschließen müssen, um zu vermeiden, dass bei künftigen Tarifabschlüssen im Land Berlin andere Löhne und Gehälter gezahlt werden als an den Universitäten und Hochschulen, da sonst nicht absehbare Konsequenzen für die Zuschussbemessung in künftigen Vertragsverhandlungen mit dem Land Berlin zu erwarten sind. Eingedenk der notwenigen Wahrnehmung meiner Verantwortung für die gesamte Universität habe ich unter Abwägung aller in Betracht kommenden Interessenlagen keine andere Möglichkeit gesehen, als der Empfehlung des verantwortlichen Senators zu folgen. In dieser Folge habe ich in der Sitzung des Kuratoriums der Technischen Universität Berlin am 4. Dezember 2002 eine entsprechende Vorlage eingebracht, die nach intensiver Diskussion mit der Mehrheit der Mitglieder des Kuratoriums angenommen wurde. In dieser Vorlage habe ich zwei Bedingungen formuliert:
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang kurz auf den in der Personalversammlung verwendeten Begriff der so genannten Tarifflucht eingehen. Ich halte diesen Begriff für der Situation unangemessen, weil mit dem Verbandsaustritt von einem vertraglich vereinbarten Recht Gebrauch gemacht wird, das sowohl jeder Vertragspartei als auch jeder Tarifvertragspartei zusteht. Ich erinnere daran, dass auch die Gewerkschaft ver.di ihr gutes Recht wahrgenommen hat, den Vergütungstarifvertrag vom 30. Juni 2000 gemäß § 7, Absatz 2 des Tarifvertrages zum 31. Oktober zu kündigen. Welche Auswirkungen ergeben sich nun für die Arbeitnehmer unserer Universität, falls ich aufgrund des Eintritts der beschriebenen Bedingungen gezwungen sein werde, den Austritt aus den Arbeitgeberverbänden zu erklären? Der Austritt aus einem Arbeitgeberverband führt zur Nachbindung (§ 3, Absatz 3 Tarifvertragsgesetz - TVG), also zur Weitergeltung der tarifvertraglichen Normen für tarifgebundene Arbeitnehmer, da der Arbeitgeber bis zur Beendigung des Tarifvertrages tarifgebunden bleibt. Unter Beendigung ist dabei jede Änderung eines Tarifvertrages zu verstehen. Nach Wegfall der Tarifbindung tritt die Nachwirkung gemäß § 4, Absatz 5 TVG ein. Das bedeutet, dass nach Ablauf des Tarifvertrages seine Normen so lange weiter gelten, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Hieraus folgt für die vorhandenen, tarifgebundenen Arbeitnehmer der TU Berlin, dass zunächst die Regelungsvorschriften des BAT uneingeschränkt weiter gelten. Gemäß §26, Absatz 3 BAT werden die Beträge der Grundvergütung und des Ortszuschlags in einem besonderen Tarifvertrag (Vergütungstarifvertrag) vereinbart. Dieser Tarifvertrag ist - wie vorstehend aufgezeigt - von der anderen vertragsschließenden Partei, der Gewerkschaft ver.di, aufgekündigt worden. Hiernach wirkt er für die tarifgebundenen Arbeitnehmer der TU Berlin fort, das heißt, der Vergütungsstand, der mit dem Tarifvertrag vom 30. Juni 2000 erreicht worden ist, bleibt erhalten. Damit werden die Löhne und Gehälter bis auf weiteres auf den derzeitigen Stand "eingefroren". Auch mit nicht tarifgebundenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist in den einzelnen Arbeitsverträgen die Geltung des BAT und anderer Tarifverträge (zum Beispiel Vergütungstarifverträge) vereinbart, sodass auch für nicht tarifgebundene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bestandsschutz erhalten bleibt. Von der in der Personalversammlung erwähnten Möglichkeit, durch Änderungskündigungen im Einzelfall andere vertragliche Regelungen zu vereinbaren, werde ich im Hinblick auf die von mir für notwendig erachtete Gleichbehandlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keinen Gebrauch machen. Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ich hoffe, dass ich Ihnen meine Beweggründe in nachvollziehbarer Weise darstellen konnte und auch meine Ausführungen zur rechtlichen Bewertung der Tarifsituation Ihnen die persönliche Sicherheit geben, die Sie in die Lage versetzen, weiterhin zielstrebig zum Wohle unserer Universität zu wirken. Ihr Prof. Dr. Kurt Kutzler Berlin, 17. Dezember 2002 |
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