Das Allerletzte
Ein smartes Hemd gegen SARS und Ebola
Der Mensch, die Krone der Schöpfung, darauf waren wir immer
so stolz. Schon Eva bewies die Intelligenz dieser Spezies, als sie
eigene Entscheidungen traf, anstatt Vorgegebenem zu folgen. Doch
nun droht uns eine unserer eigenen Entwicklungen den Rang abzulaufen:
I-Textilien, intelligente Unterwäsche, Jacken und Hosen. Sie
können, was wir können, nur viel schneller, viel leiser
und viel komplikationsloser: zum Beispiel Adresse und Telefonnummer
mit der Angebeteten austauschen. Das intelligente Hemd, ausgerüstet
mit vielen Nano-Chips und Mikrosensoren, und das Gegenüber,
ein smartes T-Shirt, stottern nicht dabei wie ihre Träger aus
Fleisch und Blut. Sie drohen auch nicht wegen weicher Knie umzukippen.
Das Hemd hat nämlich die mangelnde Standfestigkeit seines Trägers
beim Anblick der T-Shirt-Trägerin erkannt. Das schlaue Textil
der Trägerin nimmt seinerseits den beschleunigten Puls seines
Frauchens wahr, versprüht unaufgefordert aus Mini-Depotkapseln
sinnesverwirrende Düfte. Geringfügig später tritt
auch die Medizintechnik der I-Textilien in Aktion. Die Diagnostikabteilung
hat Empfängnisbereitschaft festgestellt und signalisiert diese
Diagnose an hautnahe Depotkapseln, die daraufhin Kontrazeptiva an
die Haut der Trägerin abgeben. Auch das Hemd hat die Signale
empfangen und wird aktiv. Es funkt den Befehl zur Absonderung von
spermienabtötendem Material an die Hose. Sofort bereiten sich
auch die Barrierefunktionen vor: Abwehr von Aids-, SARS- und Ebola-Viren
ist ihre Aufgabe. Verheißen uns die smarten Klamotten endlich
die ersehnte Vereinfachung komplizierter menschlicher Beziehungen?
Wie man's nimmt: Unsere beiden Kandidaten für eine heiße
Liebesnacht stehen immer noch stocksteif da. Sie haben von dem Aufruhr
ihrer Kleider nichts mitbekommen. Den ersten Schritt müssen
sie wohl noch selber tun.
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