Gemeinsames Schaffen an der Werkbank
Die TU-Arbeitswissenschaft geht neue Wege in der Lehre
|
Mit Lego- und Playmobilfiguren
stellen die Studierenden Arbeitsabläufe im Operationssaal
dar, haben die Situation vor Augen und können so Verständigungsmodelle
entwickeln |
Mit Lego und Playmobil bauen, Leinwände bemalen und mit
Ton kneten, macht Spaß, da sind sich die meisten einig. Aber
können damit auch wissenschaftliche Fragen gelöst werden?
Professor Wolfgang Friesdorf, Leiter des Lehrstuhls
für Arbeitswissenschaft & Produktergonomie (AwB), hat
dies im vergangenen Semester im "Seminar zur Arbeitswissenschaft"
versucht. Die Aufgabe der Studierenden aus verschiedenen Fachbereichen
war es, mit diesen unkonventionellen Mitteln ein Metamodell zur
reibungslosen Verständigung zwischen Vertretern verschiedener
Wissenschaftsgebiete zu entwickeln. Durch die kreative Arbeit sollten
die Teilnehmer sich inspirieren lassen und sich dabei über
verschiedene Arten von Kommunikation bewusst werden.
Dem Bereich der Arbeitswissenschaft gehört eine der Backsteinhallen
zwischen dem Hauptgebäude und der Mensa, die mit Beamer, Flipcharts
und einem Modell eines OPs ausgestattet ist. Gegenüber liegt
eine Werkstatt mit Tonofen, Werkbank und Kreissäge. Dort ließ
Professor Friesdorf die Studierenden in kleinen Teams kreativ arbeiten
und in einer anschließenden Präsentation ihre Ergebnisse
vorstellen. Durch die praktische und schöpferische Arbeit fiel
es den Studierenden leicht, frei von ihrem jeweiligen Fachwissen
aufeinander zuzugehen. Über Assoziationen gelang es ihnen dabei,
ihre Vorgehensweisen und Arbeiten mit der wissenschaftlichen Aufgabenstellung
zu verbinden. So erkannten sie in abstrakten Bildern, wie in einem
Tier aus Ton, das über eine Brücke in einen Garten läuft,
Formen des Wissensaustauschs. Durch den Bau eines Lego-und-Playmobil-Modells
von einem Operationssaal hatten sie dagegen Arbeitsabläufe
konkret vor Augen und konnten darüber Verständigung entwickeln.
"Ich habe nicht den Anspruch, nur zu lehren, sondern möchte
das Potenzial und die Ideen der Studenten auch für meine eigene
Forschung nutzen", sagt Professor Friesdorf. Die Ergebnisse
des Seminars sind seiner Ansicht nach so viel versprechend, dass
er sie gemeinsam mit den Studenten publizieren möchte. Denn
gerade die Fragestellung im Seminar zur Verständigung verschiedener
Wissenschaftsbereiche ist bisher öffentlich nicht gelöst
und spielt doch besonders in der Arbeitswissenschaft eine große
Rolle. Um Arbeit zu verstehen und zu verbessern, muss nämlich
der Mensch mit seinen physischen, psychischen und mentalen Fähigkeiten
berücksichtigt werden, und dabei seine Leistungsgrenzen und
-möglichkeiten. Auch Arbeitsgeräte und ganze Betriebe
werden dazu betrachtet und analysiert. Das macht die Arbeitswissenschaft
zu einem interdisziplinären Bereich, denn es ist Wissen aus
den verschiedensten Gebieten - Medizin, Soziologie, Psychologie,
Betriebswirtschaftslehre, Maschinenbau, Ingenieurwissenschaft -
notwendig. Die Arbeitswissenschaft an der TU Berlin ist kein eigener
Studiengang, sie kann aber in allen genannten Bereichen als Wahlfach
belegt werden. Deshalb treffen hier Soziologen auf BWLer, Informatiker
auf Psychologen, Maschinenbauer auf Mediziner, und das Problem der
Kommunikation der verschiedenen Disziplinen miteinander wird schnell
offenkundig.
An der AwB arbeiten dreizehn Wissenschaftler in sieben verschiedenen
Forschungsprojekten daran, Arbeitsprozesse zu optimieren und dabei
den Menschen im Mittelpunkt zu sehen. Der Bedarf an solchem Wissen
scheint groß, denn der Großteil der wissenschaftlichen
Mitarbeiter wird nicht von der TU Berlin, sondern von der Industrie
oder von Forschungseinrichtungen finanziert.
Auch bei den Studierenden findet die AwB Zuspruch, so ist die Zahl
der Anmeldungen an der AwB im letzten Jahr um 100 Prozent gestiegen.
Die Interaktivität, der Praxisbezug und der Einsatz moderner
Medien als neue Formen einer modernen Universität möchten
Professor Friesdorf und seine Mitarbeiter hier fördern. Auch
auf ein persönliches Miteinander, ein gemeinsames Schaffen
an der Werkbank oder der Leinwand legen sie Wert, aber der Anspruch
der AwB ist hoch wissenschaftlich. Dazu Professor Friesdorf: "Nur
über das Improvisierte, das Offene ist Innovation überhaupt
erst möglich."
tui
Tel.: 314-7 95 06
office@awb.tu-berlin.de
|
|